Die Gewerkschaft der Privatwirtschaft GSEE plant am Mittwoch dem 9. März eine Großkundgebung in Athen. Der Protest richtet sich gegen die von der Regierung geplanten Reformen im System der Renten- und Sozialversicherung. Dieses sei „moralisch untragbar“ und „nicht zu tolerieren“, erklären Gewerkschaftsvertreter. Zudem will die GSEE am Tag, an dem die entsprechende Gesetzesnovelle im Parlament eingebracht wird, einen 24-stündigen Generalstreik durchführen. Daran wollen sich auch andere Gewerkschaften sowie zahlreiche Freiberufler und Wissenschaftler beteiligen.
Unterdessen setzen die Landwirte ihre Protestaktionen, die sich ebenfalls gegen die Reformen der Renten- und Sozialversicherung, aber auch gegen Veränderungen im Steuersystem richten, fort: Sie blockieren seit Wochen mit ihren Traktoren wichtige Verkehrsknotenpunkte und Zollämter an Grenzübergängen. Zum Teil kam es dort zu chaotischen Situationen, wobei sich Lkws über viele Kilometer stauten. Am Mittwoch haben Landwirte sogar versucht, mit ihren Fahrzeugen bis zum internationalen Flughafen Thessaloniki „Makedonia“ vorzudringen.
Während einer Rede im Parlament hat Premierminister Alexis Tsipras am Mittwoch klargestellt, dass das von seiner Regierung vorbereitete Gesetz die kleineren und mittleren Bauern unterstütze, statt sie finanziell zu belasten. Die reichen Landwirte – die lediglich 5 Prozent der griechischen Bauern ausmachen – würden jedoch nicht länger verschont, so der Linkspolitiker.
Am heutigen Donnerstag hat sich Tsipras mit einer Bauern-Delegation in Athen getroffen. Sie haben ihm einen Fünf-Punkte-Forderungsplan vorgelegt. Wird dieser erfüllt, wollen sie die Traktoren von den Nationalstraßen abziehen. Doch der Forderungskatalog hat es in sich: u. a. wird eine komplette Rücknahme der Gesetzesnovelle für das System der Renten- und Sozialversicherung verlangt. Auch der Plan, die Bauern „ab dem ersten Euro“ zu besteuern, soll rückgängig gemacht werden. Weiterhin verlangen die Agrarier ein Versteigerungsverbot von Erst- und Zweitwohnsitzen sowie landwirtschaftlicher Flächen, die einen Wert von bis zu 300.000 Euro haben. Letztendlich sollen auch die erhobenen Steuern auf Wein und Tsipouro – ein traditioneller griechischer Schnaps aus Weintrester – abgeschafft werden.
Um diesem Ansinnen Nachdruck zu verleihen, haben die Landwirte Tsipras vor dem Treffen eine Flasche Tsipouro geschenkt. Erklärt haben sie diese Geste mit den Worten: „Falls die Maßnahmen das Parlament passieren“, werde diese Flasche „die letzte Authentische sein“. Sie fügten hinzu: „Damit wir den Echten (Tsipouro) haben, muss es auch Weinberge geben.“ Tsipras zeigte sich seinerseits davon überzeugt, dass man durch den Dialog zu einer Lösung finden werde. Er räumte ein, dass die Probleme der griechischen Landwirtschaft „real und explosiv“ seien. Die landwirtschaftliche Produktion müsse in Griechenland auf jeden Fall erhalten bleiben, nur so könne wieder gesellschaftlicher Reichtum erzeugt werden.
Elisa Hübel
Unser Foto (© Eurokinissi) entstand heute Vormittag zu Beginn des Treffens von Ministerpräsident Tsipras (2.v.r.) mit Vertretern der Bauern.