Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) gewinnt an Einfluss bei der Wählerschaft. Diese Schlussfolgerung legt eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Alco, die in der Sonntagsausgabe der Zeitung „Proto Thema“ veröffentlicht worden ist, nahe. Demnach würden 21,3 % der Befragten bei der Sonntagsfrage für die ND stimmen. Die Regierungspartei Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) käme demnach auf 18 %. Es folgt die kommunistische KKE mit 5,4 %. Die faschistische Chryssi Avgi wurde mit 5,2 % auf den vierten Platz verdrängt. Die „Demokratische Allianz“ bestehend aus der früheren Volkspartei PASOK und der DIMAR würde mit 3,1 % gerade noch so den Sprung ins Parlament schaffen. Die „Unabhängigen Griechen“ (ANEL), Juniorpartner im Kabinett Tsipras, sowie die Zentrumsunion und „To Potami“ würden die 3%-Hürde für den Einzug in die Volksvertretung verfehlen.
Es ist das erste Mal seit dem ersten Wahlsieg von SYRIZA im Januar 2015, dass die ND bei einer Umfrage vorn liegt. Beobachter erklären diese plötzliche Entwicklung zum Teil mit der Wahl eines neuen Parteivorsitzenden der Konservativen. Der neue ND-Chef Kyriakos Mitsotakis (47) gilt bei vielen als dynamischer Kontrahent von Regierungschef Alexis Tsipras. Viele im konservativen Lager hoffen, dass der neue Mann am Ruder der Partei das Ziel hat, diese umfassend zu modernisieren.
Wie die Umfrage zeigt, konnte er bereits jetzt die Aufmerksamkeit vieler Bürger, die Positionen der politischen Mitte vertreten, auf sich konzentrieren. Demzufolge will ein Drittel der bisherigen Wählerschaft der liberalen „To Potami“ künftig für die ND stimmen. Den gleichen Vorsatz haben 16 % der Wähler der faschistischen Chryssi Avgi. Weiterhin lenkt die ND derzeit etwa 20 % der Wählerschaft der Zentrumsunion auf sich; bei der PASOK trifft dies auf 9 % zu und bei SYRIZA auf 5 %.
Unter diesen Umständen wäre es nicht verwunderlich, wenn Ministerpräsident Alexis Tsipras versuchen würde, einen politischen Kurs einzuschlagen, der von einem Großteil der Wähler als populär empfunden wird. Darunter könnte etwa eine Änderung des Wahlgesetzes fallen.
Bei anderen Fragen allerdings – vor allem bei der anstehenden Reform der Renten- und Sozialversicherung – steht der Premier mit seinem Kabinett unter dem Druck der internationalen Geldgeber. Auf breiter Front bahnen sich hier bereits Proteste an. Der neue ND-Vorsitzende Mitsotakis hat seinerseits deutlich gemacht, dass er der Regierung in dieser Frage keinesfalls unter die Arme greifen wird.
Elisa Hübel
Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt den neuen Vorsitzenden der griechischen Konservativen Kyriakos Mitsotakis. Im liberalen Lager glauben viele, dass er die angeschlagene Partei wieder auf Kurs bringen könnte.