Das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) unter Alexis Tsipras konnte am Sonntag einen triumphalen Wahlsieg erringen. Der Abstand zu den Konservativen (ND) beträgt etwa 7,5 Prozentpunkte. Ebenfalls in die Volksvertretung einziehen konnte der bisherige Koalitionspartner, die rechtspopulistische ANEL. Beide Parteien wollen abermals die Regierung bilden.
Das griechische Volk hat am Sonntag Ministerpräsident Alexis Tsipras ein klares Mandat für eine zweite Amtsperiode erteilt. Nach einer Auszählung von 99,66 % der Stimmzettel hat das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA), dessen Vorsitzender Tsipras ist, 35,46 % der Stimmen erhalten. Damit kann das Bündnis 145 Volksvertreter ins Parlament schicken. Eine absolute Mehrheit, die sich SYRIZA zum Ziel gesetzt hatte, wurde allerdings um 6 Sitze verfehlt.
Gewinner und Verlierer
Auf dem zweiten Platz hat es die konservative Nea Dimokratia (ND) geschafft. Sie erhält mit 28,09 % der Wählerstimmen 75 Sitze im Parlament. Trotz dieser klaren Niederlage steht ein Rücktritt von Evangelos Meimarakis, der lediglich als Übergangsvorsitzender seiner Partei fungiert, offenbar nicht zur Debatte. Bei den letzten Wahlen am 25. Januar hatte die ND 27,81 % der Stimmen erhalten, was damals 76 Mandaten entsprach.
Auf Platz drei kam beim jetzigen Urnengang abermals die faschistische Chryssi Avgi (CA). Sie erhielt 6,99 % und zieht damit mit 18 Abgeordneten in die Volksvertretung ein.
Als ein Gewinner kann sich die sozialistische PASOK feiern lassen. Sie hatte sich gemeinsam mit der Demokratischen Linken (DIMAR) dem Urteil der Wähler gestellt. Das Bündnis erhielt 6,28 % der Stimmen (17 Mandate).
Bei den Parlamentswahlen im vergangenen Januar konnten beide Parteien zusammen lediglich etwa 5 % der Stimmen auf sich konzentrieren.
Die kommunistische Partei KKE bleibt mit 5,55 % der Stimmen und 15 Sitzen im Parlament mehr oder weniger konstant. Sie und die CA sind die einzigen Antimemorandums-Kräfte im neugewählten Parlament.
Die „Volkseinheit“ (LAE), die sich unlängst von SYRIZA abgespaltet hat und die ebenfalls gegen die mit den Geldgebern getroffene Vereinbarung (Memorandum) plädierte, hat den Einzug in die Volksvertretung knapp verfehlt; sie erhielt lediglich 2,86 % der Stimmen. Eine der prominentesten Kandidaten dieser Partei war neben dem früheren Minister und Vorsitzenden der LAE Panajotis Lafazanis die bisherige Parlamentspräsidentin Zoi Konstantopoulou.
Als großer Verlierer an den Urnen gilt auch die liberale „To Potami“. Für sie haben nur 4,09 % der Wähler gestimmt: Im Januar war sie mit 6,05 % viertstärkste Kraft im Parlament.
Kritik an Meinungsumfragen
Als ein klarer Gewinner kann hingegen der bisherige und zukünftige Regierungspartner ANEL (Unabhängige Griechen) betrachtet werden: Diese Partei erhielt 3,69 % der Stimmen und kann damit zehn Vertreter ins Parlament entsenden. – Den meisten Umfragen zufolge, die im Vorfeld durchgeführt wurden, wäre sie nicht in die Volksvertretung gekommen. Aus diesem Grund hat sich Parteichef Panos Kammenos nach Bekanntgabe des Ergebnisses negativ über die Arbeit der Meinungsforschungsinstitute geäußert.
Über die Erhebungen vor den Wahlen hat sich auch der Vorsitzende der Partei „Enosi Kentroon“ (EK) Vassilis Leventis beschwert. Auch seine Partei gehört mit 3,43 % der Stimmen zu den klaren Wahlsiegern. Es ist das erste Mal, dass die EK nicht an der Drei-Prozent-Hürde gescheitert ist. Sie konnte vor allem bei der jüngeren griechischen Generation punkten. Leventis hat sich deutlich gegen verhältnismäßig hohe Löhne von Staatsdienern ausgesprochen, was im krassen Gegensatz zu Berufseinsteigern in der Privatwirtschaft stünde.
Besiegelte Partnerschaft
Auffallend niedrig war beim Urnengang am Sonntag die Wahlbeteiligung. Sie lag lediglich bei 56,57 %. Beobachter weisen darauf hin, dass viele Wahlberechtigte vor allem deshalb nicht an den Urnen erschienen seien, weil sie nicht an ihrem Wohn- und Arbeitsort in die Wählerregister eingetragen sind, sondern am Herkunftsort. Die Reisen in die Provinz seien vielen von ihnen einfach zu aufwändig gewesen, heißt es. Die Volksabstimmung am 5. Juli inbegriffen, war es bereits das dritte Mal in diesem Jahr, dass die griechischen Bürger an die Urnen zitiert wurden.
Elisa Hübel
Unser Foto entstand am späten Sonntagabend nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Aufgenommen wurde es (© Eurokinissi) am zentralen Wahlkampfpavillon des Bündnisses der Revolutionären Linken (SYRIZA) am Athener Klathmonosplatz. Frenetisch wurde der Parteivorsitzende Alexis Tsipras von seinen Anhängern gefeiert. Auch Panos Kammenos, der Vorsitzende der ANEL, bisheriger – und voraussichtlich künftiger – Koalitionspartner, begab sich zu dieser Feier. Zusammen stiegen die beiden Politiker schließlich auf die Tribüne, um Einheit zu demonstrieren. Das neue Kabinett soll bereits heute Abend vereidigt werden.