In Griechenland spitzt sich die Lage von Tag zu Tag, von Woche zu Woche immer noch etwas zu. Dem Land geht das Geld aus, die Zeit läuft davon. Um neue Dynamik in die zähen Verhandlungen zu bringen, hatte sich Ministerpräsident Alexis Tsipras am Donnerstag am Rande des EU-Gipfels in Riga mehr als zwei Stunden mit der deutschen Bundskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande beraten. Am Tag darauf folgte ein Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Nach diesen Kontakten zeigte sich der griechische Regierungschef optimistisch, dass man „schon in den nächsten Tagen“ zu einer Einigung finden werde. Seitens der europäischen Partner war eher die Rede von sehr schwierigen und schmerzhaften Entscheidungen, die Athen noch treffen müsse. Dabei geht es nicht nur darum, was Tsipras will oder was die Geldgeber fordern. Es geht um das Prinzip des Machbaren in der Politik – und scharfer Gegenwind weht an allen Fronten.
Eventueller Bruch mit den Geldgebern
Bei einer Tagung des Zentralkomitees der regierenden SYRIZA konnte sich Parteichef Tsipras am Wochenende zwar mit der Ansicht durchsetzen, einen Kompromiss mit den Geldgebern zu finden. Doch der linke Parteiflügel erhielt für seinen Vorschlag, es zu einem Bruch kommen zu lassen, falls man in Brüssel zu einer „demütigenden Einigung“ gezwungen werde, sehr viele Stimmen. Es sind nicht wenige in der Linkspartei, die unter Umständen auch eine Rückkehr zur Drachme in Kauf nehmen würden. Das ist mehr als nur Verhandlungstaktik.
Finanzminister Varoufakis wiederholte am Montag seine Ansicht, dass das Beharren der Geldgeber auf dem Prinzip des Sparens das eigentliche Hindernis für eine Übereinkunft sei. Griechenland wolle stattdessen Reformen durchführen. Gegenüber dem Nachrichtensender CNN stellte er fest, dass sein Land die am 5. Juni fällige Kreditrate an den Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht zurückzahlen werde, wenn es bis dahin keine Übereinkunft geben sollte. Er glaube allerdings, dass ein entsprechender „Deal“ bis dahin unter Dach und Fach sei.
Washington forciert Lösungsfindung
Die Tageszeitung „Ta Nea“ vermeldete in ihrer Ausgabe vom Dienstag, Das die USA „kurz von zwölf“ einschreiten. Washington habe seine Kontakte zu den drei Institutionen – EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationale Währungsfonds (IWF) – intensiviert. IWF-Chefin Christine Lagared habe sich dafür ausgesprochen, dass ihre Institution einer möglichen Übereinkunft keine Hindernisse in den Weg legen wolle. Vorangegangen war u. a. eine Erklärung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass der IWF einer Einigung zustimmen müsse. Der US-Finanzminister Jack Lew deutete in einem Telefongespräch mit Ministerpräsident Alexis Tsipras an, dass er das Thema beim G7-Treffen am Mittwoch dieser Woche zur Sprache bringen wolle.
Am Donnerstag wird sich auch die Euro Gruppe per Videokonferenz erneut mit dem Thema Griechenland befassen. Bereits seit Dienstag beschäftigt sich die „Brussels Group“ wieder mit technischen Details zur Lösung der Schuldenkrise. Auf dem Tisch liegen in erster Linie Änderungen am System der Renten- und Sozialversicherung – vor allem geht es dabei um Frühpensionierungen vor dem 62. Lebensjahr. Zahlreiche Staatsdiener haben derartige Ansprüche erworben, allein im geplagten Gesundheitswesen könnten davon theoretisch rund 5.000 Angestellte Gebrauch machen – was ein weiteres großes Loch in der öffentlichen Gesundheitsbetreuung reißen würde.
Der Chefökonom des IWF, Olivier Blanchard, vertrat in dieser Frage auch am Montag eine harte Linie. In einem Interview mit der französischen Finanz-Zeitung Les Échos sagte er, es sei „offensichtlich“, dass das griechische Rentensystem in vielen Fällen „übermäßig großzügig“ sei.
(Griechenland Zeitung / jh)
Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt die Griechische Zentralbank (Trapeza tis Ellados / Bank of Greece), die kein Geld mehr zur Verfügung hat, um weitere Kreditraten der Internationalen Geldgeber zu bedienen. Um einen Zahlungsausfall des Landes zu vermeiden, muss in den kommenden Tagen ein Kompromiss gefunden werden.