Die Griechen stehen jüngsten Umfragen zufolge der Möglichkeit, dass Deutschland Reparationszahlungen für den Zweiten Weltkrieg leistet, positiv gegenüber. Sie sind aber auch davon überzeugt, dass ihre Regierung einen Kompromiss mit den Europäischen Partnern finden wird. Die Mehrheit will den Euro beibehalten.
Die Griechen vertrauen der Regierung Tsipras und wollen den Euro behalten. Das kann man zumindest aus zwei aktuellen Erhebungen ablesen. Dem Meinungsforschungsinstitut MARC für den Fernsehsender Alpha zufolge würden im Falle eines Urnengangs derzeit 40,2 % der Befragten der Regierungspartei SYRIZA ihre Stimme geben. Für die konservative Oppositionspartei ND haben das lediglich 21 % vor.
Aus für die Volksparteien?
Anschließend folgen in der Wählergunst die kommunistische KKE (4,9 %) und die faschistische Chryssi Avgi (4,8 %). Für den kleineren Regierungspartner „Unabhängige Griechen“ würden 4,5 % der Befragten stimmen. Knapp dahinter folgt die Partei „To Potami“ mit 4,3 %. Die einstige sozialistische Volkspartei PASOK würde mit 2,5 % den Sprung ins Parlament nicht mehr schaffen. In den letzten vier Jahrzehnten hatten PASOK und ND fast ununterbrochen abwechselnd Griechenland regiert. Der Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2010 und der erfolgten Sparpolitik hat dieser Zweiparteienlandschaft ein Ende zubereitet. Viele Wähler geben den beiden früheren Regierungsparteien die Schuld an der desolaten Finanzlage Griechenlands.
Optimismus um Kompromiss
Weiterhin hat MARC gefragt, inwiefern die Griechen erneut einen vorverlegten Urnengang möchten: nur 4,8 % der Befragten würden einem solchen Szenario positiv gegenüber stehen – 94,2 % sind dagegen. Sechs von zehn Griechen wollen zudem den Euro behalten. Jeder Dritte würde sich aber auch mit der Drachme zufrieden geben, wenn es sein muss. Weiterhin sind knapp 60 % der Befragten mit den Verhandlungen, die ihre Regierung mit den EU-Partnern führt, zufrieden. Und 70,7 % denken, dass Tsipras einen Kompromiss aushandeln sollte. Mehr als 4 von 5 (81,4 %) sind davon überzeugt, dass es der griechischen Seite gelingen wird, eine Lösung auszuhandeln.
„Ja“ zu Reparationszahlungen aus Berlin
Ähnliche Ergebnisse hat auch eine Erhebung der nordgriechischen Universität „Makedonia“ für den Fernsehsender SKAI ergeben. In dieser Umfrage haben 56,5 % der Befragten geantwortet, dass sie die griechische Verhandlungstaktik als richtig empfinden. Genauso viele vertreten die Ansicht, dass Tsipras dazu entschlossen sei, seine Wahlversprechen einzuhalten. 72,5 % der Befragten ist mit der Auffassung einverstanden, dass die Regierung die Einhaltung der Wahlversprechen verzögert, um ein Klima des Vertrauens mit den europäischen Partnern aufzubauen. Auf Einverständnis stößt bei 82 % der Befragten auch die Entscheidung der griechischen Regierung, mittels eines Komitees dafür zu kämpfen, dass Deutschland Reparationen für die Besatzungszeit von 1941 bis 1944 zahlt.
Was einen möglichen „Grexit“, also den Austritt Griechenlands aus der Eurozone, betrifft, so empfinden 43,5 % der Befragten „Angst“, wenn dieser Begriff genannt wird. 14,5 % sehen in einem solchen Szenario hingegen eine „Hoffnung“.
Elisa Hübel
Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt begeisterte SYRIZA-Anhänger nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der Parlamentswahlen in der Nacht vom 25. auf den 26. Januar.