Ein äußerst wichtiges Treffen der Eurogruppe zum Thema Griechenland findet heute in Brüssel statt. Die Finanzminister der Eurozone wollen mit ihrem Amtskollegen aus Athen Janis Varoufakis zu einer Einigung kommen.
Die griechische Seite möchte vor allem Zeit gewinnen, um die Verhandlungen mit den internationalen Partnern und Geldgebern auf eine neue Basis zu setzen. Aus diesem Grund favorisiert die neue Regierung in Athen ein Überbrückungsprogramm bis zum August. Die Mehrheit in Brüssel hingegen plädiert für eine Verlängerung des bestehenden Hilfsprogramms um sechs Monate. In dieser Zeit könne man ein neues Programm vereinbaren, so die übliche Argumentation.
Am Wochenende hatten Sachverständige beider Seiten die Lage in Athen unter die Lupe genommen, um herauszufinden, in welchen Bereichen es Übereinstimmungen gibt, damit die Verhandlungen dort ansetzen können. Ein gemeinsamer Berührungspunkt ist etwa das erklärte Ziel der Regierung Tsipras, die Steuerhinterziehung und Steuerflucht zu bekämpfen und somit frisches Geld in die maroden Staatskassen zu spülen.
Doch dass es heute in Brüssel zu einer Einigung kommen wird, ist eher unwahrscheinlich. Die Finanzminister müssen sich allem Anschein nach ein zweites Mal in dieser Woche nach Brüssel begeben, um nochmals die Finanzlage in Athen und die Zukunft des Landes zu erörtern. Sollte es auch dann zu keiner Einigung kommen, droht dem Mittelmeerland bereits Ende des Monats ein Staatsbankrott.
Griechenland hat seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Frühling 2010 seitens der internationalen Geldgeber aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds 240 Milliarden Euro erhalten. Aus Deutschland stammen davon 61 Milliarden.
Während der frischgebackenen Finanzminister Varoufakis in Brüssel mit Skepsis von seinen Ministerkollegen in Brüssel betrachtet wird, genießt die Regierung unter dem linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras im Land selbst eine äußerst große Unterstützung. Am Sonntagabend demonstrierten in Athen etwa 20.000 Menschen vor dem Parlament, um ihre Solidarität mit dem neuen Kabinett unter Beweis zu stellen. Auch im nordgriechischen Thessaloniki gingen aus diesem Grunde Tausende auf die Straßen.
Die von der jetzigen links-rechts Regierung unter SYRIZA betriebene Politik findet weit größere Akzeptanz als die der bisherigen griechischen Regierungen seit 2009. Vor allem für die jetzt stärkste Oppositionspartei, die konservative Nea Dimokratia (ND), ist es äußerst schwer, den Bürgern glaubhaft Erfolge zu präsentieren, die in den letzten beiden Jahren, als sie das Zepter in der Hand hatte, erreicht wurden. Diese Zeit war dominiert von einer einschneidenden Sparpolitik, die von der Bevölkerung als äußerst schmerzhaft empfunden wurde. Massenarbeitslosigkeit, ein zusammenbrechendes Gesundheitssystem, fehlende soziale Fürsorge und extrem geschrumpfte Einkommen waren die Folgen.
Besonders hart bestraft wurde die sozialistische PASOK, die von 2009 bis 2011 das Land allein regierte und von Sommer 2012 bis zu den Wahlen am 25. Januar unter der ND Junior-Regierungs-Partner war. Diese einstige Volkspartei hat einen rauschenden Abstieg in der Wählergunst von 43,92 % (2009) auf 4,68 % (2015) erlebt.
Der Linkspolitiker Tsipras hingegen wird fast schon als eine Art „Retter der Nation“ gefeiert. Einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Marc“ zufolge vertreten 81,5 % der Griechen die Ansicht, dass die Verhandlungstaktik der Regierung richtig sei. Nur 14 % der Befragten stimmen dem nicht zu. Mehr als die Hälfte der Befragten (55 %) glaubt, dass die jetzige Regierung ihre Sache besser macht, als man vor den Wahlen gehofft hatte. Knapp ein Drittel (29, 6 %) ist sogar der Meinung, dass man es im Falle, dass die europäischen Partnern mit den Ansichten der griechischen Regierung nicht übereinstimmen, zu einem endgültigen Bruch kommen lassen müsste – sei es sogar, dass dies eine Rückkehr zur Drachme beinhalte. Ob es tatsächlich zu einem solchen Extrem-Szenario kommt, oder ob die griechische Seite kurz vor 12 sichtbar einlenkt, dürfte sich schon bald abzeichnen.
Elisa Hübel
Unser Foto (Eurokinissi) zeigt den griechischen Finanzminister Varoufakis mit seinem deutschen Amtskollegen Schäuble während des Treffens der Eurogruppe am vorigen Mittwoch (11.2.).