Dem griechischen Staatspräsidenten liegen jetzt die endgültigen Ergebnisse der am Sonntag in Griechenland durchgeführten Parlamentswahlen vor. Wahlsieger ist das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) unter Alexis Tsipras. Dieses hat mit 149 der 300 Sitze im Parlament nur knapp eine regierungsfähige Mehrheit verpasst. Nun hält Tsipras Ausschau nach einem Koalitionspartner.
Aus diesem Grund hat er sich am Montagvormittag mit dem Vorsitzenden der „Unabhängigen Griechen“ (ANEL) Panos Kammenos getroffen, um über die Möglichkeit einer Koalition zu beraten. Nach dem 50-minütigen Treffen hat Kammenos gegenüber der Presse konstatiert: „Im Land gibt es eine Koalitionsregierung.“ Tsipras hat bisher keinen Kommentar dazu abgegeben.
Am frühen Nachmittag will er sich mit dem scheidenden Staatspräsidenten Karolos Papoulias treffen. Letzterer wird ihm offiziell den Auftrag erteilen, eine Koalitionsregierung zu bilden. Voraussichtlich im Anschluss wird Tsipras vereidigt. Der 40-jährige wäre damit der jüngste Ministerpräsident in der modernen Geschichte Griechenlands. Allem Anschein nach wird er einen Antrag stellen, dass er einen politischen und keinen christlich-orthodoxen Eid ablegen wird, wie das normalerweise der Fall ist. Um dieses Thema zu klären, trifft er sich am Montag mit dem Erzbischof von Athen und ganz Griechenland Hieronymus. Wenn am Dienstag das neue Kabinett vereidigen wird, können die einzelnen Mitglieder darüber entscheiden, in welcher Form sie ihren Eid ablegen möchten.
Was die politischen Zielsetzungen betrifft, so hat Tsipras angekündigt, das Kabinett deutlich zu verschlanken. Vor allem aber will er das mit den internationalen Geldgebern vereinbarte Spar- und Reformprogramm (Memorandum) aufkündigen. Gespräche, so sagte er, müssten „auf einer neuen Basis“ beginnen. Genau hier ist der verbindende Punkt zwischen SYRIZA und der rechtspopulistischen ANEL. Beide lehnen kategorisch die Fortsetzung der in den letzten fünf Jahren praktizierten Sparpolitik ab. Gemeinsam würden die beiden Koalitionäre im Parlament 162 der insgesamt 300 Volksvertreter stellen.
Die Tatsache, dass vor allem die ANEL als Koalitionspartner in spe immer wieder durch heftige verbale Attacken gegen die internationalen Geldgeber auf sich aufmerksam machte, dürfte konstruktive Gespräche in Brüssel und anderswo nicht unbedingt erleichtern. Einige Beobachter halten ein schnelle Zerwürfnis mit der Tsipras-Partei nicht für unwahrscheinlich.
Die politische Führung von SYRIZA wird sich allem Anschein nach im Laufe des Montags auch mit Stavros Theodorakis, dem Vorsitzenden von „To Potami“ (Der Fluss), treffen. Mit ihm will man die Unterstützung der neuen Regierung „in einer anderen Form“ erörtern, hieß es dazu im Vorfeld. Dass „Der Fluss“ ein Teil der neuen Koalitionsregierung wird, ist eher unwahrscheinlich: Sowohl SYRIZA als auch die ANEL haben ein derartiges Szenario ausgeschlossen, weil sich diese Partei mehrfach für eine Fortsetzung der Memorandumspolitik ausgesprochen hat. Auch Theodorakis zeigt sich abweisend: Bei der ANEL vertrete man eine „rechtsradikale und antieuropäische Meinungen“, sagte er am Montag.
Tsipras will sich zudem auch um ein Gespräch mit dem Generalsekretär der kommunistischen KKE Dimitris Koutsoumbas bemühen. Die Kommunisten haben jedoch bisher immer wieder eine Unterstützung für SYRIZA ausgeschlossen. Der stalinistisch geprägten Partei zufolge ist das Linksbündnis eine System-Partei, wodurch eine Kooperation von vornherein unmöglich möglich sei.
Text: Elisa Hübel / Foto: Eleni Kougionis