Die Wahl eines neuen Staatspräsidenten ist am Dienstag in Athen abermals gescheitert. Sollte man sich bei einer dritten Abstimmung am 29. Dezember nicht einigen, stünden vorverlegte Parlamentswahlen auf der Tagesordnung. Das sorgt für politische Unsicherheit.
Griechenlands Parlamentarier müssen in diesen Tagen eine Frage beantworten, die die Geschicke des Landes nachhaltig beeinflussen wird. Am Dienstag waren sie abermals dazu aufgerufen, für einen neuen Staatspräsidenten zu stimmen. Für den früheren EU-Kommissar Stavros Dimas, der als einziger Kandidat aufgestellt wurde, votierten 168 der 300 Volksvertreter; die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde – wie bereits bei der ersten Runde am 16. Dezember – deutlich verfehlt. Kurz vor Jahreswechsel wird am 29. Dezember eine letzte Abstimmung stattfinden. Dann würde bereits eine Mehrheit von 180 Stimmen ausreichen, um den Nachfolger des bisherigen Präsidenten Karolos Papoulias zu wählen. Dessen Amtszeit läuft im März aus.
Parlamentswahlen in Sicht
Erreicht die Zweiparteienregierung aus Konservativen (ND) und Sozialisten (Pasok) diese Dreifünftelmehrheit nicht – sie verfügt lediglich über 155 Mandate – kommt es am 25. Januar zwangsläufig zu vorverlegten Parlamentswahlen. Diese wiederum dürfte allen Meinungsumfragen zufolge das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) für sich entscheiden. Das Bündnis hat die Beendigung der seit fünf Jahren praktizierten und mit den internationalen Geldgebern vereinbarten Spar- und Reformpolitik angekündigt.
Um ein derartiges Szenarium zu verhindern, hatte sich Ministerpräsident Antonis Samaras (ND) am Sonntag in einer Fernsehansprache an das griechische Volk gewandt. Er appellierte an die Abgeordneten, einen neuen Präsidenten zu wählen und forderte ihre „Zustimmung“. Dadurch hätte Griechenland bessere Chancen, mit den internationalen Geldgebern über das Rettungsprogramm für das Land zu verhandeln. Im Gegenzug versprach er eine tiefgreifende Regierungsumbildung. Vorverlegte Wahlen, so sagte er, würden dann im gegenseitigen Einvernehmen Ende 2015 durchgeführt; offiziell dauert die Legislaturperiode bis Sommer 2016.
Kein Einverständnis von der Opposition
Diese Vorschläge des Regierungschefs wurden von der Opposition einhellig zurückgewiesen. Syriza sah darin lediglich ein „Eingeständnis der Niederlage“ der Regierung.
Angesichts der neuerlich wachsenden politischen Unsicherheiten zeichnen sich bereits erste negative Reaktionen in der äußerst sensiblen Tourismusbranche ab. Andreas Andreadis, Vorsitzender der Vereinigung griechischer Touristikunternehmen (SETE), warnte vor einer „irreparablen Schädigung“ der Branche. Bei einigen großen Märkten sei ein Rückgang der Frühbuchungen um bis zu 50 % festzustellen. Bis Ende des Jahres werden traditionell etwa 10 bis 15 % der Buchungen für das gesamte Jahr abgeschlossen.
Im Moment hat es den Anschein, dass selbst die Regierungskoalition aus Konservativen (ND) und Sozialisten (PASOK) nicht daran glaubt, das Ruder in letzter Minute noch herumwerfen zu können. Zahlreiche gesetzgeberische Aktivitäten, die in den letzten Tagen im Eilschritt das Parlament passierten, vermitteln den Eindruck eines beginnenden Wahlkampfes. In nur zwei Novellen wurden 189 Gesetze, die die verschiedensten Interessensgruppen berücksichtigen, erlassen. So werden 200 frühere Angestellte der Athener U-Bahn bei einem Tochterunternehmen wieder eingestellt und die Mindeststrafe für Wasserverschmutzung wird von bisher 200 Euro auf 100 gesenkt. Zudem dürfen Fischzuchtanstalten – unter Auflagen – auch in Naturschutzgebieten ihren Betrieb aufnehmen.
Elisa Hübel, Foto: Eurokinissi