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Interview mit dem deutschen Botschafter: „Die deutsche Wirtschaft glaubt an Griechenland“ Tagesthema

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Interview mit dem deutschen Botschafter: „Die deutsche Wirtschaft glaubt an Griechenland“

Der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Athen Dr. Peter Schoof, hat in dieser Woche in Athen einen Vortrag zum Thema „Die Rolle Deutschlands in Europa“ gehalten. Aus diesem Anlass führte Elisa Hübel mit ihm folgendes Interview.


EH: Sie haben in Ihrem Vortrag über die Rolle Deutschlands in Europa referiert. Welche Rolle möchte Deutschland in Europa spielen?

Botschafter Schoof: Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass es vor allen Dingen um Europa als Ganzes geht.

Wir sind einem sehr starken, globalen Wettbewerb ausgesetzt. In diesem Wettbewerb werden wir langfristig nur bestehen können, wenn wir unsere Strukturen reformieren, ohne dass wir dabei den sozialen Bereich, den Zusammenhalt  der Gesellschaft aus dem Auge verlieren.
Im Moment ist besonders wichtig, dass wir mit größter Priorität Impulse für Wachstum und Beschäftigung setzen müssen. Hierzu gibt es eine ganze Reihe von guten und wichtigen Initiativen auf europäischer Ebene, die zum Teil von Deutschland initiiert wurden. Zum Beispiel die sogenannte Jugendbeschäftigungsinitiative, die immerhin mit sechs Milliarden Euro dotiert ist. Es gibt jetzt die neue Initiative von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, ein Investitionsprogramm in Höhe von 300 Milliarden Euro aufzulegen.
Die Rolle der Deutschen ist es, in diesem Sinne in Europa daraufhin zu wirken, dass die Kräfte zur Erreichung dieses Zieles wenn möglich fokussiert werden. Dafür werben wir in Europa.

GZ: Wie reagieren die deutschen Unternehmen auf die Krise in Griechenland?

Botschafter Schoof: Seit Ausbruch der Krise gibt es kaum Unternehmen, die Griechenland verlassen haben. Es sind nur ganz, ganz wenige, auf die das zutrifft. In Griechenland sind rund 150 deutsche Unternehmen aktiv, die für circa 30.000 Arbeitsplätze stehen und die nach Schätzungen hier in Griechenland einen Umsatz von 7,5 Milliarden Euro erwirtschaften. Zweitens gibt es deutsche Unternehmen, die in Griechenland investieren. In der letzten Woche gab es die erfreuliche Nachricht, dass Fraport – ein großer deutscher Investor  – hier in Griechenland einsteigen und helfen wird, 14 regionale Flughäfen zu reformieren. Das ist ein spektakulärer Erfolg. Es gibt auch Investitionsinteresse in anderen Bereichen, wie etwa in der pharmazeutischen Industrie. Ich verhehle nicht, dass es natürlich auch Investoren gibt, die etwas zögern, die abwarten möchten, wie sich die wirtschaftliche und politische Lage in den nächsten Monaten entwickeln wird. Aber ganz generell kann ich sagen: Die Deutschen und die deutsche Wirtschaft glauben an Griechenland – das ist der Gesamteindruck.

EH: Wird es ein neues Spar- und Reformpaket (Memorandum) für Griechenland geben? Wenn ja, welche Auswirkungen wird es für die Griechen haben?


Botschafter Schoof: Zunächst muss man feststellen, dass wir am Ende eines mehrjährigen Anpassungsprogramms stehen, das Ende 2014 auslaufen soll. Wenn man auf die Zahlen sieht, dann ist deutlich festzustellen, dass Griechenland heute in vielen Bereichen besser dasteht, als wir das noch vor einigen Monaten oder Jahren geglaubt haben. Also von daher zunächst einmal ein großes Kompliment! Jetzt kommt es darauf an, dass diese Erfolge, die schon zu sehen sind, auch nachhaltig werden. Und dabei liegt es im Interesse Griechenlands, Strukturreformen, die es begonnen hat, zu vollenden. In diesem Bereich ist bereits sehr, sehr viel geschehen. Es muss gewährleistet werden, dass die Dynamik, die wir jetzt auf makroökonomischer Ebene sehen, mittel- und langfristig erhalten bleibt.

EH: Wie wird sich das Verfahren in den kommenden Monaten konkret gestalten?

Botschafter Schoof: Dieses Anpassungsprogramm soll jetzt mit einem sogenannten „Review“ beendet werden. Das wird ja in Griechenland auch in den Zeitungen ausführlich diskutiert. Das heißt, die Troika – bestehend aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds – ist dabei, eine Bewertung zusammen mit den griechischen Partnern über den Stand der Dinge und über Maßnahmen vorzunehmen, die eventuell noch nachgebessert werden müssen. In diesem Sinne warten wir jetzt ab, wie diese Bewertung ausfällt. Wenn es positiv ausgeht, dann ist vorgesehen, dass wir die Partnerschaft mit Griechenland auf der europäischen Ebene auf eine neue Grundlage stellen. Eine Möglichkeit ist, ein sogenanntes vorsorgliches Kreditprogramm abzuschließen, dafür gibt es auch entsprechende Rechtsgrundlagen. Aber das sind Dinge für die Zukunft. Im Moment konzentrieren wir uns darauf, die derzeit laufende Bewertung der Ergebnisse dieses Anpassungsprogramms zu Ende zu bringen. Ich möchte natürlich betonen, dass ich als deutscher Botschafter in Athen in diesem Prozess nicht involviert bin.

Herr Botschafter, recht vielen Dank für dieses Interview.

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