Vor allem nach den heftigen Regenfällen der letzten Tage, die vielerorts Müll in die Gullys schwemmte, wodurch das ohnehin schwachbrüstige Kanalisationsnetz völlig zusammenbrach und niedrig gelegene Orte wie Piräus überflutet wurden, war die Situation unerträglich. Fußgänger, aber auch Kraftfahrer mussten sich im Slalom durch meterhohe, stinkende Müllberge quälen. Ganze Straßenkreuzungen waren davon blockiert, die Abfallcontainer waren buchstäblich von den Abfällen begraben. In manchen Vierteln, wie etwa in der Athener Autonomenhochburg Exarchia, wurden die Müllhaufen zu allem Überfluss auch noch in Brand gesetzt.
Müllentsorgung durch Privatunternehmen
Am Freitag rief Gesundheitsminister Anderas Loverdos schließlich den volksgesundheitlichen Notstand aus. Damit konnten die Regionen und Kommunen den Staatsanwalt einschalten, um die Müllkippen zu öffnen. Zugleich beschloss die Regionalverwaltung Attika, das Einsammeln des Mülls an private Unternehmen zu delegieren. Eine entsprechende Empfehlung hatte zuvor schon Innenminister Charis Kastanidis ausgesprochen. Am frühen Sonntagmorgen sorgte die Bereitschaftspolizei schließlich dafür, dass die Athener Deponie Fyli geöffnet wurde. Daraufhin konnten die privat unter Vertrag genommenen Unternehmer ihre ersten Lkw-Ladungen dort entsorgen.
Die Gewerkschafter bleiben hart
Die Gewerkschafter zeigten sich indes keinesfalls gewillt, die
neue Situation zu akzeptieren. Bis mindestens Donnerstag, wenn ein
24-stündiger Generalstreik den zweiten Tag in Folge das ganze Land
lahm legen wird, wollen sie die Depots für die Müllfahrzeuge
besetzt halten. Am heutigen Montag trat die gesamte
Kommunalverwaltung in den Ausstand. Dadurch wurde selbst der
Notdienst bei der Müllabfuhr, das heißt das Einsammeln des Abfalls
von Schulen, Krankenhäusern und Wochenmärkten, außer Kraft gesetzt.
Unterdessen versammelten sich die Müllwerker vor dem Gericht, wo
eine Einstweilige Verfügung gegen den Streik verhandelt wurde.
Beantragt hatte Athen diese Verhandlung am Samstag.
Das Einsammeln des Mülls durch die Privatunternehmen will die
Gewerkschaft notfalls mit Gewalt verhindern. Sie warnte am
Sonntag, dass die betreffenden Arbeitnehmer freiwillig darauf
verzichten sollten, sonst würden sie von „Massen wütender Bürger"
gestoppt. Sollte die Regierung auf dieser Praxis bestehen und nicht
nachgeben, dann würde in den Straßen „Blut vergossen". Dann würde
auch die Regierung gestürzt, so der Vertreter der
Kommunalangestellten von Athen, Vassilis Polymeropoulos. Wie rabiat
die Gewerkschafter sein können, bekamen am Donnerstag der
Bürgermeister von Athen, Jorgos Kaminis, und sein Amtskollege aus
Sykies bei Thessaloniki, Simos Daniilidis, zu spüren. Nach einer
Sitzung des zentralen Kommunalverbandes KEDKE wurden beide tätlich
angegriffen.
Regierung gibt nicht klein bei
Doch auch die Regierung will nicht klein beigeben und droht mit
Entlassungen, ja sogar mit der Abschaffung des bisherigen Systems
der städtischen Müllabfuhren in Athen und Thessaloniki. Die
entsprechenden Präsidialerlasse sollen bereits fertig in den
Schubladen liegen, so Innenstaatsekretär Paris Koukoulopoulos.
Praktisch würde dies die Entlassung sämtlicher kommunaler
Müllwerker bedeuten.
Die privaten Arbeitnehmer, die vorübergehend mit der Beräumung
beauftragt wurden, genießen unterdessen bei dieser Arbeit den
Schutz der Polizei. Da die Kapazitäten der privaten Räumkräfte
begrenzt sind, war in vielen Stadteilen Athens bis Montag keine
spürbare Besserung zu verzeichnen. (Text: GZak, Foto:
Eurokinissi)