Login RSS

Ministerien von Beamten besetzt, um „Troika“ abzuschrecken Tagesthema

  • geschrieben von 
Ministerien von Beamten besetzt, um „Troika“ abzuschrecken
Am Donnerstagmorgen wurden in Athen mehrere Ministerien von den Beamten besetzt gehalten. Diese Aktion soll allem Anschein nach auch am Freitag fortgesetzt werden. Dadurch soll u.a. ein Treffen zwischen dem Finanzminister und stellvertretendem Regierungschef Evangelos Venizelos und den Troika-Inspektoren verhindert werden.
en. Letztere waren nach einem vorübergehenden Abbruch der Gespräche am Mittwoch wieder nach Athen zurückgekehrt. Besetzt wurden am Donnerstag die Ministerien für Finanzen, Inneres, Landwirtschaft, Regionalentwicklung, Justiz, Gesundheit und Arbeit. Betroffen von den Besetzungen ist aber auch der staatliche Rechnungshof. Die Staatsangestellten kündigten die Besetzung bzw. Blockade weiterer öffentlicher Einrichtungen an.

Verfassungsrechtliche Probleme wegen Arbeitsreserve

Die aufgebrachten Beamten wehren sich vor allem gegen die Maßnahme der „Arbeitsreserve", die mit der Zahlung von Arbeitslosengeld im Privatsektor vergleichbar ist und die letztlich in Entlassungen münden könnte. Außerdem wird gegen einen Rahmentarifvertrag protestiert, der ab dem 1. November in Kraft treten soll. Dadurch will die Regierung eine gerechtere Bezahlung nach transparenten Kriterien, wie etwa Bildungsstand oder Erfahrungsschatz, erreichen.
Finanzminister Venizelos stellte dazu fest, man erhoffe sich dadurch Einsparungen von 20 % der gesamten Ausgaben für Gehälter. Betroffen sein sollen aber überwiegend privilegierte Höchstverdiener. 80 % der Beamten, so der griechische Kassenwart, sollen den Rahmentarifvertrag gar nicht zu spüren bekommen. Etwa 10 % der Belegschaften könnte demzufolge sogar mit Gehaltserhöhungen rechnen.
Die Gesetzesnovelle zur Einführung des Rahmentarifvertrages und der „Arbeitsreserve" soll in der kommenden Woche dem Parlament übergeben werden. Verabschiedet werden soll sie bis zum 20. Oktober. 
Doch gerade die Arbeitsreserve, die in der Praxis mit Entlassungen gleichgesetzt werden könnte, birgt große Hindernisse. Selbst Minister führen verfassungsrechtliche Probleme an. Staatsangestellte sind faktisch seit dem Jahre 1911 – durch eine Überarbeitung der Verfassung aus dem Jahr 1864 – unkündbar.
Diese Maßnahme wurde vom damaligen Premierminister Charilaos Trikoupis in den Jahren zwischen 1882 und 1886 in die Wege geleitet. Bis dahin war es üblich, dass eine jede Regierung, wenn sie neu an die Macht gekommen war, jene Staatsangestellten, die die Vorgängerregierung unterstützt hatten, entließ. Stattdessen wurden dann „eigene Leute" auf begehrte Stellen gesetzt. Dieser Situation wollte der reform-orientierte Trikoupis ein Ende bereiten. Allerdings wurde auch damit die Klientelwirtschaft nicht entscheidend bekämpft. Statt wie bisher Beamte zu entlassen bzw. „auszutauschen", erfolgten nun nach jedem Regierungswechsel Neueinstellungen. (GZeh, Foto: Eurokinissi)

Nach oben

 Warenkorb