Verfassungsrechtliche Probleme wegen Arbeitsreserve
Die aufgebrachten Beamten wehren sich vor allem gegen die
Maßnahme der „Arbeitsreserve", die mit der Zahlung von
Arbeitslosengeld im Privatsektor vergleichbar ist und die letztlich
in Entlassungen münden könnte. Außerdem wird gegen einen
Rahmentarifvertrag protestiert, der ab dem 1. November in Kraft
treten soll. Dadurch will die Regierung eine gerechtere Bezahlung
nach transparenten Kriterien, wie etwa Bildungsstand oder
Erfahrungsschatz, erreichen.
Finanzminister Venizelos stellte dazu fest, man erhoffe sich
dadurch Einsparungen von 20 % der gesamten Ausgaben für Gehälter.
Betroffen sein sollen aber überwiegend privilegierte
Höchstverdiener. 80 % der Beamten, so der griechische Kassenwart,
sollen den Rahmentarifvertrag gar nicht zu spüren bekommen. Etwa 10
% der Belegschaften könnte demzufolge sogar mit Gehaltserhöhungen
rechnen.
Die Gesetzesnovelle zur Einführung des Rahmentarifvertrages und der
„Arbeitsreserve" soll in der kommenden Woche dem Parlament
übergeben werden. Verabschiedet werden soll sie bis zum 20.
Oktober.
Doch gerade die Arbeitsreserve, die in der Praxis mit Entlassungen
gleichgesetzt werden könnte, birgt große Hindernisse. Selbst
Minister führen verfassungsrechtliche Probleme an.
Staatsangestellte sind faktisch seit dem Jahre 1911 – durch eine
Überarbeitung der Verfassung aus dem Jahr 1864 – unkündbar.
Diese Maßnahme wurde vom damaligen Premierminister Charilaos
Trikoupis in den Jahren zwischen 1882 und 1886 in die Wege
geleitet. Bis dahin war es üblich, dass eine jede Regierung, wenn
sie neu an die Macht gekommen war, jene Staatsangestellten, die die
Vorgängerregierung unterstützt hatten, entließ. Stattdessen wurden
dann „eigene Leute" auf begehrte Stellen gesetzt. Dieser Situation
wollte der reform-orientierte Trikoupis ein Ende bereiten.
Allerdings wurde auch damit die Klientelwirtschaft nicht
entscheidend bekämpft. Statt wie bisher Beamte zu entlassen bzw.
„auszutauschen", erfolgten nun nach jedem Regierungswechsel
Neueinstellungen. (GZeh, Foto: Eurokinissi)