Zulagen und Kurzarbeitergelder für Kellner, Köche und Coiffeure, deren Geschäfte zur Eindämmung des Coronavirus geschlossen wurden – das ist gut und gerecht. Doch was ist mit den Kulturschaffenden, die sich immer mehr als fünftes Rad am Wagen sehen?
Sie werfen Kulturministerin Lina Mendoni vor, in einer Parallelwelt zu leben und sich um die Renovierungsarbeiten am früheren Schloss Tatoi und die Ausgestaltung archäologischer Stätten zu kümmern, während die lebendige Kultur darbt. Der Vorwurf ist nicht ganz unberechtigt. Bislang hat das Ministerium lediglich ein schwachbrüstiges Programm zur Unterstützung eines Teils der Filmschaffenden angekündigt. Mehr war nicht drin. Was das Fass zum Überlaufen brachte, war aber ein Satz in der Fernsehansprache von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis zur Lockerung der Corona-Maßnahmen von der vorigen Woche: „Wir halten es aber für unwahrscheinlich, dass im Sommer große Veranstaltungen wie Festivals, Konzerte und Sportveranstaltungen vor Publikum erlaubt werden.“
Künstler wie Musiker und Theaterschauspieler, von denen viele gerade auch von den Sommerfestivals leben, liefen Sturm. Fällt die Sommersaison aus, wären sie für den Rest des Jahres praktisch komplett vom Wirtschaftsprozess ausgenommen. Und nicht nur sie. Zusammen mit den Technikern und anderen Beteiligten sollen vom Live- und Showgeschäft in Griechenland etwa 150.000 Jobs abhängen. Die Künstler sprachen von Verrat in dem Moment, in dem sie einen wichtigen Beitrag zur Unterhaltung und psychischen Stützung der auf das Haus beschränkten Bürger leisten, und mehrere bekannte Interpreten nahmen aus Protest ihre Webseiten vom Netz. Hinter die Forderungen der Künstler stellte sich am Donnerstag auch der Bürgermeister von Epidauros, Tassos Chronis. In einem Brief an die Kulturministerin forderte er, das wichtige Athener Festival wenigstens unter Auflagen durchführen zu dürfen. In seiner Kommune finden in zwei antiken Theatern die Aufführungen der Dramen altgriechischer Klassiker sowie Konzerte statt. Bislang gilt noch das alte Festivalprogramm, das ausgerechnet am 30. März bekanntgegeben wurde, eine Woche nach dem Lockdown. Ansonsten streamt das Festival auf seiner Webseite alte Vorstellungen. Angesichts der Reaktionen ruderte Mitsotakis in der Parlamentsdebatte am Donnerstag zurück, allerdings ohne konkret zu werden. „Wir werden sehen müssen, und ich habe die Experten darum gebeten, ob und wie – und ich hoffe, die Betonung liegt auf dem wie, nicht auf dem ob – wir im Sommer offene Kulturveranstaltungen wie Konzerte und Festivals haben können“. Außerdem habe er Kulturministerin Mendoni angewiesen, ein Programm zur kurz- und mittelfristigen Unterstützung der Künstler auszuarbeiten. Mendoni hatte ihrerseits schon vor wenigen Tagen einen Expertenrat über die mögliche Durchführung von Live-Veranstaltungen im Sommer angefordert. Genaueres soll in Kürze bekannt werden. (GZak)