Premierminister Alexis Tsipras hat so viele Berater seines Vorgängers Jorgos Papandreou um sich geschart, dass es nicht überraschend wäre, wenn er in nächster Zukunft nicht auch dessen Strategie übernehmen würde – ein Referendum, das zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: den Verbleib des Landes in der Eurozone und den Erhalt der eigenen Macht.
Den meisten Medienspekulationen zufolge erwägt Tsipras eine Volksabstimmung für den Fall, dass die laufenden Verhandlungen mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) scheitern. Es ist aber nicht klar, welche Frage man dann den Bürgern stellen würde oder welchen Zweck sie verfolgen sollte. Die Geldgeber würden sich vom Ergebnis wohl kaum beeindrucken oder gar von ihren Forderungen abbringen lassen. Und ein endgültiger Bruch mit der EU und dem IWF wäre eine politische Niederlage für Tsipras, die sich durch kein Plebiszit rückwirkend legitimieren ließe.
Ein Referendum macht nur Sinn, so wie Papandreou es vor vier Jahren plante: einen Kompromiss mit den Geldgebern direkt vom Volk absegnen zu lassen, über die Köpfe seiner eigenen populistischen Fraktion hinweg.
Tsipras hat wiederholt betont, dass er einen „ehrenhaften Kompromiss“ zum Ziel habe. Darunter ist wohl ein Reform- und Sparpaket zu verstehen, das weniger Opfer von den Bürgern abverlangt als die Samaras-Regierung zu akzeptieren bereit war. Ein solches Paket wäre aber immer noch schmerzvoll genug, um von vielen SYRIZA-Abgeordneten im Parlament niedergestimmt zu werden – die Regierung würde fallen.
Wäre es aber zuvor direkt vom Volk abgesegnet worden, könnten die Abgeordneten das Gesicht wahren und der Zusammenhalt der Fraktion dürfte wohl gesichert sein, zumindest aufs Erste. Ganz davon zu schweigen, dass SYRIZA eine eventuelle Neuwahl danach noch deutlicher gewinnen würde als am 25. Januar. Solange alle, ob in Athen, Brüssel oder Berlin, einen kühlen Kopf bewahren, stehen die Zeichen auf Kompromiss und Referendum.
Dimos Chatzichristou
Unsere Abbildung (© Eurokinissi) zeigt den früheren sozialistischen Ministerpräsidenten Jorgos Papandreou auf der Insel Kastelorizo. Dort hatte er vor fünf Jahren, am 23. März 2010 bekannt gegeben, dass sich Griechenland unter einen Rettungsschirm begeben werde. Man habe bei den EU-Partnern die Aktivierung eines Stützungsmechanismus beantragt. Dem Griechentum, so prognostizierte er damals, stehe eine „neue Odyssee“ bevor. Doch man kenne den Weg nach Ithaka, fügte er optimistisch hinzu.