Es scheint ja wieder einmal gut gegangen zu sein. Mit einem blauen Auge haben sich die Athener „jungen Wilden” ans Ufer gerettet. Interessant war allerdings erneut die Begleitmusik aus Deutschland.
Herr Scheuer von der CSU mit einer leider bescheuerten karnevalistischen Einlage, Herrchen Horst ließ den Söder mal wieder ein bisschen bellen, und Bosbach drohte sogar, aus der Politik auszuscheiden, falls der Bundestag den neuen Hilfen zustimmen sollte. Natürlich zittert da die ganze Nation davor und bei allen deutschen Talk-Shows werden eiligst Katastrophenpläne gemacht, falls Bosbach seine ungeheuerliche Drohung wahr macht. Wenn nicht noch immer Winter wäre, könnte man es glatt für Sommertheater halten. Es wird höchste Zeit, dass alle zusammen mal darüber nachdenken, wie man den Griechen wirklich helfen könnte. Geldspritzen verpuffen, die Kohle fließt ohnehin gleich zurück an die Banken. Wichtig wäre, dass deutsche Handelsketten in Griechenland auch einmal etwas einkaufen, ganze Lkw-Flotten fahren leer nach Deutschland zurück. Es wäre gut, wenn sich die Manager deutscher Industriebetriebe die Köpfe zerbrechen, ob man nicht in Griechenland wieder etwas produzieren könnte – was ja früher der Fall war, bevor man diese Betriebe geschlossen hat und die Produktion nach Fernost verlagerte. Ich weiß, dass Wirtschaft so nicht funktioniert, man muss es nur wollen. So könnten beispielsweise deutsche Kreditgarantien bei produktiven Investitionen helfen. Eine Art Prämie für die Schaffung von Arbeitsplätzen wäre nicht schlecht. Die griechische Regierung muss ihren investitionshemmenden Politikschwenk bei Photovoltaik und Windenergie dringend überprüfen. Die Senkung der Einspeisevergütung hat auch deutsche Investoren verprellt. Ganz wichtig wäre, dafür zu sorgen, dass nicht noch mehr junge Akademiker Griechenland verlassen. Das Land braucht für einen wirtschaftlichen Aufschwung dringend die eigenen Universitätsabsolventen. Bauingenieure, Architekten, Vermesser jobben in Kneipen, verleihen im Sommer Tretboote. Es muss endlich Schluss gemacht werden mit der Klientel-Wirtschaft. Wenn sich jemand einen Lkw kauft und eine kleine Speditionsfirma eröffnen will, dann muss er das auch dürfen. Und wenn Busgesellschaften (KTEL) am Bedarf vorbei fahren, dann sollte man ihnen die Subventionen streichen. Seit zehn Jahren gibt es keinen Linienbus zum Bahnhof Korinthos, KTEL will die Passagiere selbst nach Athen fahren, obwohl für viele Menschen die Eisenbahn günstiger wäre. Und und und…
Es wird auch Zeit, dass der größte Immobilienbesitzer Griechenlands, die Orthodoxe Kirche, für ihre Immobilien Steuern bezahlt, Kirchen von mir aus ausgenommen. Nicht zu viel versprechen sollte sich die Regierung allerdings von den Reedern. Die haben nämlich die Kohle längst vor dem Zugriff des Staates in Sicherheit gebracht. Die Zeit eilt, sonst wird noch mehr Geld abfließen, und das lässt sich nicht mit noch so großzügigen Hilfen wieder auffüllen.
Wilfried Jakisch
(Archiv-Foto: Eurokinissi)