Die falsche Botschaft
Das Abstimmungsergebnis führte zu heftigen Unstimmigkeit in den
Reihen der ND, vor allem, weil auch der Generalsekretär der Partei,
Emmanouil Kefalogiannis mit „Nein" gestimmt hatte. Seine
Entscheidung rechtfertigte er im Anschluss lapidar mit den Worten:
„Ich wollte, dass Herr Kassidiaris die Gelegenheit bekommt, sich
für seine Tat zu entschuldigen." Der ND-Staatssekretär im
Ministerium für Bildung, Religion, Kultur und Sport Jannis
Ioannidis erklärte, dass er „aus Versehen" mit „Nein" votiert habe,
er hätte eigentlich den Vorsatz gehabt, eine „Ja"-Stimme abzugeben.
Der Parlamentarier der Konservativen Jannis Karabelas, der
ebenfalls mit „Nein" votiert hatte, zeigte sich im Anschluss
zerknirscht: „Ich habe einen Fehler gemacht." Er habe in
Wirklichkeit eine andere Botschaft vermitteln wollen, „dass es
nicht reicht, vor dem Publikum verurteilt zu werden, man brauche
eine Verurteilung durch die gesamte Gesellschaft". Sollte er noch
einmal abstimmen, würde sein Votum anders ausfallen, schließlich
verurteile er Phänomene der Gewalt entschieden.
Rechtsextreme Gewalt
Nur wenige Stunden vor dem Votum in der Parlamentsvollversammlung
hatte der griechische Ministerpräsident und gleichzeitig
ND-Vorsitzende Antonis Samaras vor der Jugendorganisation seiner
Partei (ONNED) eine Rede über die Gewalt gehalten. Scharf
kritisierte er dabei sowohl Gewalt von rechts als auch von links.
Er stellte fest: „Die beiden Extreme bauen sich gegenseitig auf und
zerstören Gesellschaften." Zudem sagte er, dass die Linksextremen
die Anarchie hegen würden, während „die Rechtsextremen die
Intoleranz pflegen und die Gesellschaft vergiften". Nach dem
Abstimmungsergebnis zeigte sich Samaras von der Haltung seiner drei
Parlamentarier äußerst enttäuscht. Der Sekretär der
ND-Parlamentsfraktion Athanassios Bouras stellte fest, dass die
drei gegen die Richtlinie der Partei verstoßen hätten. Kurzzeitig
hatte man in der ND-Führung sogar mit dem Gedanken gespielt, den
Generalsekretär Kefalogiannis zum Rücktritt aufzufordern.
Angriff vor laufender Kamera
Was
die sozialistische PASOK betrifft, die die Regierung Samaras
unterstützt, so enthielt sich ihr Abgeordneter Dimitris Kremastinos
der Stimme. Im Anschluss erklärte er, er sei bei der Abstimmung zu
spät erschienen und habe nicht gewusst, „über welches Thema
abgestimmt wurde". Kassidiaris selbst sprach in einer Rede von
einer „konstruierten Anklage". Dabei forderte er selbst, seine
Parlamentsimmunität aufzuheben, um „Klarheit" zu schaffen. Er fügte
optimistisch hinzu, dass er ohnehin „wieder einmal freigesprochen"
werde. In einem anderen Gerichtsverfahren war er am 7. März
freigesprochen worden. Vorgeworfen hatte man ihm, im Jahr 2007 an
einem Überfall auf einen Studenten mitgewirkt zu haben, was vor
Gericht letztlich nicht zweifelsfrei bewiesen werden konnte. Im
Parlament setzte er sich am Donnerstag dafür ein, die Immunität für
Kanelli und die SYRIZA-Abgeordnete Rena Dourou ebenfalls
aufzuheben. Beide hätten ihn während des Fernsehinterviews im Juni,
als sich der Vorfall ereignete, „beleidigt". Damals hatte der
CA-Pressesprecher Dourou zunächst ein Glas Wasser ins Gesicht
geschüttet und Kanelli, die sich darüber empört zeigte,
anschließend drei heftige Ohrfeigen verpasst, wovon sie mehrtägige
Gesichtsschwellungen davon trug.
(Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi. Die Aufnahme entstand im Februar und zeigt einen Protestmarsch von Antifaschisten gegen die Eröffnung eines neuen Büros der CA.)