Der große Montag –
Megali Deftera
Am großen Montag beginnen viele Menschen mit dem Großreinemachen
und den weiteren Vorbereitungen für das Osterfest. Es gibt
verschiedenes Backwerk, Kringel, Kränze und Schleifen, die schon
gebacken werden können.
In der orthodoxen Kirche lebt der Ikonenkult noch viel stärker als
in den christlichen Kirchen des Westens. Die Gotteshäuser sind voll
davon und die Vorstellung der Gläubigen, der Heilige selbst sei
gegenwärtig, da sein Abbild dem Wahrhaftigen gleicht, schafft eine
innige Atmosphäre. Besonders in der großen Woche vollzieht sich die
Geschichte der letzten Tage Jesu in Bildern und 1600 Jahre alten
Liturgien.
Während am Palmsonntag noch die Szene des Einzugs Jesu, des
Bräutigams, in Jerusalem gezeigt wird und die Kirchen mit munteren
Palm- oder Lorbeerzweigen geschmückt sind, ändert sich das Bild am
Abend des großen Montag völlig: Dunkel ist der Innenraum der
Kirche, violette Floren hängen wie Trauben von den Lüstern, der
Ikonentisch (Tetrapodion) ist mit rotem Samt bekleidet. Weihrauch
und Kerzenduft erfüllen den Kirchenraum und der Papàs, der Pope,
jetzt in schlichtes Schwarz gekleidet, trägt die Ikone des Heilands
herein.
Der große Dienstag –
Megali Triti
Am großen Dienstag herrscht eine ähnliche Stimmung im Andachtsraum. In der Abendliturgie wird auch der Sünderin Maria von Ägypten oder Maria Magdalena in einem Hymnus gedacht. In den Großstädten finden sich gerade zu diesem Gottesdienst auch Prostituierte ein, und es kann zu ergreifenden Szenen in der Kirche kommen.
Der große Mittwoch –
Megali Tetarti
Am großen Mittwoch wird in der Abendandacht das letzte Abendmahl gefeiert und die Abendmahlszene auf einer Ikone erfüllt den Raum. Es ist auch der Tag der Salbungen mit geweihtem Öl und Wein. Ein Mysterium scheint es zu sein, dass das letzte Abendmahl bereits am Mittwoch und nicht am Donnerstagabend, dem Abend vor der Kreuzigung, begangen wird. Eine Erklärung dafür könnte darin liegen, dass der Kirchentag immer bereits einen Tag zuvor beginnt, wie auch der Heilige Abend der Abend vor Weihnachten ist.
Der große Donnerstag –
Megali Pempti
Am großen Donnerstag werden in den Familien die Ostereier
bemalt. Als Symbol für das von Christus vergossene Blut werden sie
hauptsächlich rot gefärbt. Wie bei uns verkörpert das Ei den Beginn
allen Lebens, die rote Farbe auch Fruchtbarkeit und Tod.
Die Dörfer auf dem Land füllen sich jetzt wieder mit Leben, denn zu
Ostern kehrt eine jede Familie dorthin zurück, wo ihre Wurzeln
liegen und feiert mit denen, die noch dort sind.
Zwölf Evangelien werden in der Abendandacht gelesen und
verdeutlichen noch einmal die Dramaturgie des Geschehens, des
Verrats und der bevorstehenden Kreuzigung, und wieder wird die
Kirche verdunkelt. Die Abendmahlsikone wird nun durch das Kreuz mit
dem sterbenden Jesus ersetzt, vor dem sich die Gemeinde
versammelt.
Der große Freitag –
Megali Paraskevi
Noch in der Nacht wird das Grab bereitet, mit einer Unmenge von
Rosen und anderen Blumen liebevoll geschmückt. Während der
Karfreitagsliturgie wird der Leib Christi vom Kreuz genommen und
auf das vorbereitete Grabtuch unter den geschmückten Baldachin
gelegt. Wie bei einer wirklichen Beerdigung ist die Kirche brechend
voll, die Totenglocke ertönt. Und wie bei einer richtigen
Beerdigung zieht die Gemeinde am offenen Grab Christi vorbei und
verlässt die Kirche. Den Höhepunkt dieses Abends bildet die
anschließende feierliche „Beisetzung“, der Epitafio. Der
geschmückte Sarg wird – begleitet von Trauergesängen – durch das
Dorf oder um die Kirche zum Friedhof getragen. Jeder möchte unter
dem Sarg hindurch klettern, was Segen und Gesundheit bedeutet.
In manchen Orten, wie man es auch aus Deutschland kennt, brennen in
der Nacht des Karfreitags die Osterfeuer, die der Reinigung dienen,
der endgültigen Vertreibung des Winters.
Der Große Samstag –
Megalo Savvato
Der nächste Tag, der große Samstag, ist eigentlich ein stiller Tag. In der Kirche steht bereits die Auferstehungsikone und der Pope streut Rosenblätter über die Häupter der Gemeindemitglieder, die sich zur Morgenandacht, zur kleinen (ersten) Auferstehung (Mikri oder Proti Anastasi), versammelt haben. Im Haushalt werden die letzten Arbeiten verrichtet und es ist Schlachttag – wenigstens auf dem Land. Das zuvor ausgesuchte und noch einige Tage liebevoll gehegte Lamm wird am großen Samstag mit einem raschen Schnitt durch die Kehle geschlachtet. Aus den Innereien wird die Magiritsa, eine Mitternachtssuppe, bereitet. Abends gegen elf Uhr ruft die Glocke die Gemeinde zur Kirchfeier. Alle haben sich vorbereitet, gute Kleidung angelegt und halten Ostereier und nun weiße Kerzen bereit. Die Kirche ist brechend voll, auch auf dem Kirchhof herrscht reges Gedränge. Wieder wird es stockdunkel. Nach einer Weile öffnet sich die schöne Pforte zum Unbetretbaren und der Papás tritt mit einer brennenden Kerze heraus. „Kommt und empfanget Licht vom ewigen Licht“.
Christos Anesti –
Alithos anesti
Genau um Mitternacht ruft der Papás die erlösenden Worte. „Er
ist wahrhaft auferstanden“. Mit dem Osterkuss, dem Bruderkuss der
Urkirche als Zeichen des Friedens werden alle zu Brüdern und
Schwestern, beglückwünschen sich mit „Chronia polla“, welches viele
Jahre (Glück und Gesundheit) bedeutet. Laut wird es in der Kirche
und um sie herum, Übermut und Siegesfreude über den Tod machen den
Bedrückungen der Vortage Platz, Knallkörper krachen.
Die Zeremonie in der Kirche dauert teilweise noch bis 3 Uhr früh.
Viele Menschen gehen aber bereits vorher – um nach der Fastenzeit
endlich zu essen. Mit der Kohle einer brennenden Kerze wird ein
Kreuz über die Haustür gemalt.
Ostersonntag –
Kyriaki tou Pascha
Am Tag der Auferstehung frönt man dem Gaumenschmaus: Das Feuer
für das Osterlamm wird geschürt und bereits in den frühen
Morgenstunden brutzelt es vor den Häusern über der Holzkohle. Nach
weiterem Kirchgang tafelt die Familie alles auf, was in den Mühen
der großen Woche vorbereitet wurde.
In Kalavrita, auf der Peloponnes, gehen in der Osternacht die
männlichen Familienältesten persönlich zum Priester, um von ihm das
heilige Licht zu erhalten. Dieses verteilen sie an die übrigen
Familienmitglieder und führen es nach Hause, wo es dem Heim Glück
und Segen bringen soll.
Auf Korfu bringen die Familien ihr Lammfleisch in die Kirche, um es
dort segnen zu lassen. Jedes Familienmitglied bekommt ein Stück vom
gesegneten Lamm (Katovoli).
Ebenfalls auf Korfu, im Dorf Episkepsi, tanzen die Priester am
Ostersonntag zu Liedern, die ohne Begleitung gesungen werden.
Über den Dörfern zieht Rauch auf – vor jedem Haus brutzelt ein Lamm
am Spieß, dazu gibt es Kokorétsi, kleine Spieße aus Innereien vom
Lamm, mit Darm umwickelt. Es wird gegessen, getrunken und getanzt
bis spät in die Nacht.
Martina Attenberger (Griechenland Zeitung)