Auf der zweitgrößten griechischen Insel Euböa forderte ein schweres Unwetter in der Nacht zum Sonntag acht Menschenleben. Hunderte Menschen blieben obdachlos. Das Krisenmanagement der Regierung erntete harsche Kritik.
"Thalia" zieht Spur der Verwüstung nach sich
In nur sechs Stunden verheerte die Schlechtwetterfront „Thalia“, die Griechenland in der letzten Woche zu schaffen machte, in Zentraleuböa einen ganzen Landstrich und riss acht Menschen in den Tod. In Politika nördlich der Inselhauptstadt Chalkis ertranken in ihren Häusern zwei Senioren im Alter von 85 und 86 Jahren und ein acht Monate altes Baby. Im eigenen Haus wurde auch ein 37 und 42 Jahre altes Ehepaar im Dorf Amfithea tot aufgefunden. Zwei nicht identifizierte Tote bargen Rettungskräfte außerdem im Ort Bourtzi südlich von Chalkis. Am Montagmorgen wurde schließlich die letzte vermisste Person tot aufgefunden.
Im gesamten Gebiet rund um Chalkis hinterließ der sintflutartige Wolkenbruch eine Spur der Verwüstung. In sechs Stunden fielen über 300 Millimeter Regen, das ist mehr als in Athen im ganzen Winter. Hunderte Häuser liefen voll, Straßen waren nicht einmal für die Rettungsmannschaften passierbar. Große Gebiete standen unter Schlamm und Wasser. Die Feuerwehr wurde 664 Mal zu Hilfe gerufen, meistens um Häuser auszupumpen. 97 Menschen mussten teils mit Hubschraubern aus ihren Häusern evakuiert werden. Um sich zu retten, kletterten sie auf die Dächer und sogar auf Ölbäume, hieß es in Berichten. In mehreren Orten gab es Probleme mit der Strom- und Wasserversorgung. Außerdem musste die Feuerwehr mehrmals ausrücken, um Brände zu löschen, die durch Blitze verursacht wurden.
Ursächlich für das Ausmaß der Katastrophe waren vor allem drei Flüsschen, die über die Ufer traten und ganze Gebiete unter Wasser setzten. In Psachna war dies der Massapithos, südlich von Chalkis der Fluss Lilas und im Ort Politika ein weiteres Trockenbachbett. Nach der Katastrophe wurde bemängelt, dass diese natürlichen Ablaufrinnen nicht gereinigt wurden. Im Gebiet von Psachna kamen außerdem die Folgen eines Waldbrandes im letzten Jahr hinzu. Die Verwaltung musste sich den Vorwurf gefallen lassen, hier den Hochwasserschutz vernachlässigt zu haben.
Kritik am Krisenmanagement der Regierung
Aus der Opposition setzte es scharfe Kritik am Krisenmanagement der Regierung. Unter anderem stellt sich die Frage, warum das mit dem Notruf 112 verbundene SMS-Alarmsystem nicht aktiviert wurde. Die heutige Regierung hatte das System im letzten Sommer mit großem Werbeaufwand unter anderem mit dem Argument in Betrieb genommen, dass Katastrophen wie die Überschwemmungen im Ort Mandra in Westattika 2017 mit 24 Toten und der Großbrand in Mati östlich von Athen mit 102 Opfern hätten vermieden werden können.
Zivilschutzstaatssekretär Nikos Chardalias rechtfertigte die Nichtaktivierung des Frühwarnsystems mit den Worten, „wenn wir es aktiviert hätten, hätten wir eine Hekatombe von Opfern“. Drei der zu diesem Zeitpunkt fünf bekannten Opfer seien bei dem Versuch ertrunken, sich in Sicherheit zu bringen. Deswegen habe man keine Anweisung zur Evakuierung des Gebiets erteilt, sagte er. Außerdem sei die Prognose des Wetterdienstes von 63 Millimetern Regen in 24 Stunden und nicht von 350 Millimetern in sechs Stunden ausgegangen.
Die linke Oppositionspartei SYRIZA bezeichnete diese Äußerungen am Sonntag als „Monument der Provokation“. Andere Parteien rügten die mangelnde Vorbereitung des Katastrophenschutzes. Außerdem hätte man der Bevölkerung per SMS ja auch andere Anweisungen geben können, etwa die, sich aus den Ebenen an höher gelegene Orte zu begeben. (GZak)