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Mit dem Zug über den Balkan nach Griechenland

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Nur wenige Reisende benutzen den Zug, um nach Griechenland zu gelangen. Wir vier Rentner wollten dieses Abenteuer über Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien nach Griechenland aber wagen. 1988 stieg man in München in den Hellas Express und kam ohne weiteres Umsteigen relativ komfortabel mit Zugrestaurant und Liegeabteil nach geraumer Zeit in Athen an.

Im Zeitalter des Flugzeuges sind die Bahnverbindungen nun aber drastisch reduziert worden.

Los geht es abends von Frankfurt im ICE nach Augsburg. Mit 30-minütiger Verspätung erreichten wir gerade noch den Nightjet der Österreichischen Bundesbahn, den Zug nach Budapest, aber nur, weil auch dieser Verspätung hatte. Liegesitze gab es in dem Abteil allerdings keine. Wir hätten Fahrkarten für die erste Klasse kaufen müssen. Bis zum nächsten Morgen quälten wir uns mit dreistündigem Halt bis nach Budapest.

In Budapest angekommen

In Budapest starteten wir unsere Stadterkundung mit einer Donaurundfahrt und weitläufigen Fußmärschen durch die sehenswerte Innenstadt. Am nächsten Morgen frühstückten wir im berühmten neobarocken New York Café, das 1894 eröffnet wurde und nach den Zerstörungen des Krieges und der Verstaatlichung unter kommunistischer Herrschaft 2006 im alten Glanz wiedereröffnet wurde. Und welch ein Glanz und Prunk mit Life Musik und köstlichen Spezialitäten! Es wird von vielen Reisenden als das schönste Café der Welt bezeichnet, was die Preise klar widerspiegeln; Ein normaler Cappuccino kostet 12.-€.

Nach so viel Prunk gingen wir in die Markthallen, wo es wesentlich volksnäher zuging. In der Nähe der Freiheitsbrücke liegt eine der Hauptattraktionen Budapests, die „Zentrale Markthalle“. Sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und 1897 von Kaiser Franz Joseph I. offiziell eröffnet. Die reizvolle Architektur ist eine Mischung aus Neugotik und Neorenaissance, wobei das Innere durch Stahlträger und Säulen geprägt ist.

Markthallen Budapest

Obwohl ein Tag in Budapest viel zu wenig ist, ging um 15.00 Uhr unsere Zugfahrt weiter nach Sofia, der Hauptstadt von Bulgarien.

Im Zug der ungarischen Eisenbahn hatten wir ein geräumiges 4-er Abteil mit vier Betten: zwei Betten oben, zwei unten. Doch die Freude währte nur kurz, da die oberen Betten viel zu kurz waren und nur etwa 45 cm breit. Während der Fahrt merkten wir außerdem, dass sich ein lautes Gebläse für Frischluft nicht abstellen ließ.

Im Zug nach Bukarest

Auch wenn dieser viel bequemer war als der erste Zug, haben wir nur mit vielen Unterbrechungen schlafen können. Wildes Geratter, viele Baustellen, ungeplante Verzögerungen. Doch rechtzeitig mit „nur“ einer Stunde Verspätung erreichten wir am nächsten Morgen Bukarest, die Hauptstadt von Rumänien. Regulär hätten wir zwei Stunden Zeit gehabt, um in den rumänischen Zug nach Sofia zu wechseln, aber wegen der Verspätung reichte die Zeit gerade aus, dass wir in einem Schnellimbiss ein Frühstück zu uns nehmen konnten. Da die rumänische Bahn keine Fahrkarten über das Internet versendet, mussten wir an einem speziellen Schalter für die Weiterfahrt die vorbestellten Fahrkarten abholen. Das war zwar schwierig, klappte aber perfekt.

Im rumänischen Zug ging es weiter bis zur Bulgarischen Grenze bei Giurgiu/Ruse , wo wir die dort sehr breite Donau überquerten. Auf bulgarischer Seite mussten wir alle aussteigen und unsere Pässe abgeben. Die freundlichen Zöllner brachten in Kürze alle Papiere zurück, und wir gingen zu Fuß zum bulgarischen Zug.

Bulgarischer Zug

Traumhaftes Sofia

Die Landschaft wurde erst kurz vor Sofia atemberaubend schön: Schluchten, hohe Gebirge, Ausflugsorte. Wir fuhren am Fluss Iskar durch die Berge des Balkan und erreichten spät abends nach 29 Stunden Zugfahrt Sofia. Mit fast 600m Höhe ist Sofia die dritthöchstgelegene Hauptstadt Europas. Mit mehr als einer Million Einwohner ist es außerdem die größte bulgarische Stadt. In unserem kleinen sehr feinen Hotel - das teuerste unserer Reise - hatten wir zwei Übernachtungen gebucht. Es lag schön zentral, in der Nähe des breiten Fußgänger-Boulevard Witoscha, benannt nach dem 2290 m hohen Witoscha-Gebirges, das ein beliebtes Ausflugsziel der Sofioter ist und die Kulisse der ganzen Stadt beherrscht. Diese Stadt hat uns sehr fasziniert. Eine Tour zu Fuß, geführt von einem jungen gut englischsprechenden Stadtführer, war ein Höhepunkt unserer Reise!

Moschee Sofia

Nach zwei Tagen ging es weiter - aber nicht mit dem Zug. Von Sofia nach Thessaloniki -unserem nächsten Ziel- gibt es nur im Sommerhalbjahr Zugverbindungen. Also einsteigen in einen Flixbus. Für sage und schreibe 10.-€ ging es die ca. 300 km nach Thessaloniki vorbei an den schneebedeckten Bergen des Rila Gebirges und schöne Landschaften.

In Thessaloniki

In Thessaloniki blieben wir drei Tage und hatten so genügend Zeit, viele Sehenswürdigkeiten zu besuchen: Jüdisches Museum, archäologisches Museum, die Oberstadt mit der berüchtigten Gefängnisburg, den Weißen Turm, das Wahrzeichen der Stadt, den römischen Triumphbogen des Galerius, die Hauptkirche des Demetrios etc. In dieser Stadt genossen wir die ausgezeichnete Küche der thessalonikischen Restaurants, den belebten Kaplani Markt und vieles mehr.

Demetrios Kirche Thessaloniki

Das vorletzte Ziel war der Peloponnes, wo zwei Teilnehmer unserer Reisegruppe je ein Ferienhaus haben. Wir wählten wieder die Bahn, obwohl der Taxifahrer, der uns zum Bahnhof brachte, uns dringend von der Fahrt abriet. Im Februar 2023 rasten zwei Züge auf der Strecke Athen - Thessaloniki frontal aufeinander. Es gab 57 Tote.

Erster Klasse fuhren wir in einem kaum besetzten Zug ganz bequem vorbei am schneebedeckten Olymp nach Athen, weiter mit der völlig überbesetzten Vorstadtbahn 140 km bis zum Ziel auf dem Peloponnes. Dort erholten wir uns vier Tage am Meer, um dann zum Abschluss der Reise noch drei Tage Athen zu besuchen.

Angekommen in Athen

Da ein Mitglied unserer Rentnergruppe Athen sehr gut kennt, war diese Stadt neben Budapest, Sofia und Thessaloniki ein weiterer Höhepunkt der Reise. Wir wanderten vom Hotel am antiken Friedhof Keramikos vorbei, sahen ziemlich versteckt das Denkmal der von den Nazis in ganz Griechenland ermordeten Juden und wanderten dann zum Pnyx Hügel. Dort fanden im antiken Athen die Volksversammlungen mit bis zu 30 000 Abstimmungsberechtigten statt, also hier schlug das Herz der Athener Demokratie etwa von 500 bis 300 v.Chr. Trotz seiner Bedeutung sieht man hier mehr griechische Landschildkröten als Touristen. Mehr Betrieb herrscht am Philopappos Denkmal, von wo man einen herrlichen Blick auf die gegenüberliegende Akropolis, auf ganz Athen und das Neue Akropolis Museum hat, das unser nächstes Ziel war. Dieses Denkmal wurde etwa 120 n. Chr. zu Ehren eines Wohltäters der Stadt Athen errichtet.

Blick Philopappos Athen

Das Neue Akropolis Museum beherbergt ausschließlich Funde der Akropolis. Dieses Museum wurde 2009 eröffnet und ist ein architektonisches Meisterwerk der Architekten Bernard Tschumi und Michalis Fotiadis. Es liegt genau der Akropolis gegenüber. Das oberste Stockwerk hat genau die Ausrichtung und Dimensionen des Parthenon Tempels, den man von hier oben wunderbar sehen kann. Es ist nach unserem Geschmack das schönste Museum, das wir je besucht haben.

Die Gastronomie in Athen wird von den meisten Touristen in dem alten Stadtteil Plaka gesucht - das ist ein Fehler, da der Massentourismus Preise und Qualität sehr negativ beeinflusst. Wir besuchten sehr interessante, gute und preiswerte Restaurants im Stadtteil Psiri in der Nähe der Athener Markthallen Varvakios (Klimataria) und im rebellischen Studentenviertel Exarchia (Rosalia).

Klimataria Athen

Wir haben weitere Sehenswürdigkeiten besucht u.a. das neue Kulturzentrum des superreichen Reeders Niarchos in der Nähe des Stadtteils sowie Hafens Piräus.

Völlig inkonsequent - wir wollten ja umweltbewusst mit der Bahn reisen - flogen dann drei Mitglieder des Rentnerteams mit dem Flugzeug in drei Stunden zurück nach Frankfurt, der vierte eine Wochen später.

Die Reise war für alle vier Rentner mit dem Gesamtalter von 296 Jahren schon anstrengend, aber ein tolles Erlebnis!

Rentner 296 Jahre

 

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