Anfang September bin ich für vier Tage in Skála Sykaminéas gewesen und habe im Lighthouse Camp als Volunteer gearbeitet.
Die Volunteers kommen aus allen Teilen der Welt. Zum „Beach Cleaning“ trifft man sich jeden Morgen um 8.30 Uhr. Es folgt eine einstündige Wanderung, um zu den noch verschmutzten Strandabschnitten zu gelangen. An meinem ersten Tag erreichen wir den kleinen Leuchtturm im Nordwesten der Insel. Oberhalb des Leuchtturms befindet sich die Station Coracas des MSF-Mannes. Wir waren mit der Strandreinigung noch keine halbe Stunde zugange, als vor uns ein Schnellboot anlegt, zwanzig Flüchtlinge auslädt und gleich wieder zur türkischen Küste zurückfährt. Wir gehen zu den Flüchtlingen und teilen unser Wasser und Verpflegung mit ihnen, die sehr freundlich sind: 5 Frauen, 10 Männer, 4 Kinder und ein Baby, alle wohlauf. Die meisten kommen aus Afghanistan, ein paar sind verfolgte Christen aus dem Iran. Eine der Frauen spricht gut Englisch, ansonsten ist die Unterhaltung mühsam. Wir gehen mit den Flüchtlingen einen schmalen, steilen Pfad hoch zur Schotterstraße und warten dort im Schatten. Relativ bald kommt eines der „Landing Teams“ vom Lighthouse Camp mit Verpflegung, Kleidung zum Wechseln und Verbandszeug. Zwei Polizisten erscheinen, registrieren alles, machen aber eigentlich gar nichts. Es kommen weitere Fahrzeuge: Ein Typ von WAHA (Women and Health Alliance International), einer vom Flüchtlingshilfswerk UNHCR, dann später ein Kleinbus vom „International Rescue Committee“, eine amerikanische NGO. Die Leute der verschiedenen Organisationen kennen sich untereinander und sind gut aufeinander eingespielt. Alle Refugees werden später mit den Fahrzeugen weggebracht, auch sie zunächst hoch zur Stage Two. Sie winken uns zum Abschied freundlich zu.
Zweiter Tag: „Beach Cleaning“
Mein zweiter Tag ist dann wirklich dem „Beach Cleaning“ gewidmet. Der Strand ist hier sehr felsig, so dass das in der prallen Mittagshitze sehr anstrengend ist. Die Schlauchboote werden mit Messern in kleinere Teile zerlegt. Schwimmwesten, Rettungsringe, Plastikflaschen, das Holz von Booten wird gebündelt oder in Müllsäcke verpackt und auf wenigen großen Haufen am Strand gesammelt. Diese werden später mit dem Boot eines ortsansässigen Fischers von Volunteers vom Meer aus eingeladen und abtransportiert. Das war eigentlich für den folgenden Tag geplant. Aber kurz vor Start hat es ein weiteres „Landing“ gegeben. Ein Schlauchboot mit zirka 40 Refugees wurde von der Küstenwache aufgebracht und in den Hafen von Skála Sykaminéas gezwungen. Eines der „Landing Teams“ von Lighthouse ist schon bei den Flüchtlingen, die das Schlauchboot bereits verlassen haben. Mehrere über Achtzig-Jährige sind dabei, auch ein drei Monate altes Baby, das mit Atemproblemen zu kämpfen hat. Die Refugees werden von den Polizisten teilweise gescheucht. Zwei Polizisten holen die letzten Utensilien aus dem Schlauchboot: Zwei durchaus elegante Damen-Handtaschen, aus denen das Wasser herausfließt. Später sitze ich mit einigen anderen Volunteers im Goji Café am Hafen. Es wird an diesem Morgen fast ausschließlich von Leuten bevölkert, die mit Flüchtlingen zu tun haben: Mehrere von Proactiva Open Arms, einer NGO aus Barcelona (ihr Boot ist im Hafen, sie müssen also beim „Landing“ mitgeholfen haben); der syrische Doktor von WAHA, der nebenan seine kleine Krankenstation hat; Polizisten mit dunkelblauen T-Shirts, auf denen bei manchen nicht Police, sondern Polizei steht: also auch deutsche Beamte hier vor Ort.
Begegnung mit Leuten der Flüchtlingshilfe
In Mólivos bin ich mehreren Leuten begegnet, die mit der Flüchtlingshilfe zu tun haben. Der Betreiber der Mythos Art Gallery Theofilos organisiert Strandreinigungen mit Volunteers, aber ohne dass das andere hier in Mólivos mitbekommen. Das hält er für wichtig, denn es hilft dem Tourismus, der hier ziemlich eingebrochen ist. Das kommt durch die vielen Bilder der Flüchtlinge auf Lesbos im Fernsehen. Die Wirtin der Taverne „The Captain's Table“ hat die Flüchtlingshilfe hier in Mólivos letzten Sommer hauptsächlich organisiert. Aktuell sind wenig Aktivitäten nötig: Lebensmittel und Kleidung sammeln für diverse Lager. Auch sie erzählt vom eingebrochenen Tourismus, ist aber zuversichtlich, dass es nächsten Sommer wieder normal läuft. Eine deutsche Physiotherapeutin, die seit 2007 mit Flüchtlingen zu tun hat, erzählt, dass einige Aktive die Flüchtlingsarbeit an sich reißen, mit den Flüchtlingen Geschäfte machen wollen.
Im nächsten und letzten Teil dieses Tatsachenberichtes besucht der Autor Dr. Peter Oehler den Hotspot Mória. Den ersten Teil seines Artikels gibt es hier zu lesen.