Eine Buchpräsentation, die nachdenklich stimmte TT
Die Präsentation des Buches aus dem Verlag der Griechenland Zeitung „Juni ohne Ernte – Distomo 1944“ von Kaiti Manolopoulou, die am Donnerstag im Bibliotheksaal des Athener Megaron Moussikis stattfand, war ein großer Erfolg. Zur Veranstaltung hatten die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Athen sowie der Verlag der Griechenland Zeitung geladen. Die Reaktionen des Publikums am Ende zeigten, dass dieses Buch sehr viel zur Aufarbeitung der deutschen Besetzung Griechenlands im II. Weltkrieg, aber auch zum besseren Verständnis zwischen den Völkern beitragen kann. Nach einem einfühlsamen Grußwort durch Botschafter Peter Schoof erzählten die Herausgeber der Griechenland Zeitung, Jan Hübel und Robert Stadler, von der Entstehung der deutschsprachigen Ausgabe des Buches. Anschließend befragten sie die Autorin (Bild: m) über ihre persönlichen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem grausamen Massaker, das deutsche Soldaten im mittelgriechischen Ort Distomo am 10. Juni 1944 anrichteten. Dabei ging es auch um die Frage, wie sich die Autorin nach fast 50 Jahren dazu durchringen konnte, sich diesem Thema in literarischer Form zu widmen.
Von Mit-Trauer erfüllt
Meine Begeisterung über das Distomo-Buch von Kaiti Manolopoulou ist groß. Als „Otto Normalverbraucher“ ist unsereins heutzutage meist auf das Internet (über das wir sehr froh sind) angewiesen. Ich bin zwar schon 90 Jahre alt, pensionierte Internistin, „Griechenland-Fan“, eine dieser Deutschen. Den Sommer verbringe ich seit vielen Jahren in meinem Haus (mein Paradies) in Griechenland. Ich versuche zu helfen, wenn es möglich ist. Bei dem Gedanken an Distomo 1944 wird man verstört und nachdenklich. Es wurde für mich heuer zu einem Problem, denn Freunde in Begleitung meines Sohnes fuhren nach Agios Loukas und auch in das nahe gelegene Distomo, ich kannte dies Alles schon und konnte wegen erheblicher körperlicher Behinderung nicht noch einmal dort hinfahren. Man bedenke bitte, dass ich noch als Kind das Nazi-Regime von 1933 bis zum Ende erlebte, und dass meine Brüder zu der Unmenge deutscher Soldaten gehörten (nicht SS), die Hitler verheizte; aus der Klasse meines ältesten Bruders, geb. 1918, überlebte nur einer, nicht er. Der andere Bruder, der etwas jüngere, hatte nach dem Krieg psychische Probleme, in seinen Erinnerungen schrieb er bemerkenswerter Weise, dass er, „Gott sei es gedankt“, nie in die Lage gekommen war, in der er einen Menschen erschießen musste. Wir hatten das große Glück, aus einem Elternhaus zu sein, in dem das Dritte Reich von Anfang an, auch schon vor 1933, verachtet und gefürchtet war. Meine beiden Kinder, die rührend um mich besorgt sind, rieten mir dringend ab, das „Distomo-Buch“ der GZ zu bestellen, sie wollten mir neuerliche Verstörungen ersparen. Dickköpfig wie ich bin und Frau eigener Entscheidung bestellte ich es. Ich verschlang es am ersten Tag und bin begeistert, aber auch von Mit-Trauer erfüllt. Das ist das, was dieses Buch bewirkt.
Eva Gruber
Foto: © Griechenland Zeitung / Elisa Hübel, Distomo