Späte Anerkennung für Internet-Journalisten
Griechische Journalisten „verurteilen“ griechische Kollegen TT
Der Journalistenverband für Athener Tageszeitungen (ESIEA; siehe Foto) geriet durch eine Entscheidung seines Disziplinarausschusses ins Schussfeld der Kritik. Die ESIEA „bestrafte“ in dieser Woche drei Berufskollegen mit dem Ausschluss aus dem Verband für sechs, zwölf bzw. 18 Monate, vier wurden mit einer „Rüge“ bedacht. Der Grund: Diese Journalisten hätten, so der Disziplinarausschuss, im Vorfeld des Referendums vom 5. Juli 2015 voreingenommene Berichterstattung betrieben. Damals hatte Premier Alexis Tsipras vom Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) das Volk dazu aufgerufen, einen Vorschlag der Geldgeber über ein Spar- und Reformpaket (Memorandum) abzulehnen und mit „Nein“ (Oxi) zu stimmen. Der Großteil der Opposition hingegen plädierte für das „Ja“ (Nai), weil man sonst einen Ausschluss aus der Eurozone befürchtete (Grexit). Trotz einer Mehrheit für das „Nein“ von mehr als 60 Prozent, willigte Tsipras wenige Wochen später einem Memorandum III zu.
Bei den nun nach monatelangen Untersuchungen „verurteilten“ Journalisten, denen indirekt „Ja-Propaganda“vorgeworfen wird, handelt es durchgehend um Mitarbeiter von privaten TV-Stationen (Skai, MEGA und Antenna). Angesichts des Beschlusses der ESIA sprach der Vorsitzende der konservativen Oppositionspartei NeaDimokratia Kyriakos Mitsotakis von einer „Gefahr für die Demokratie“. Ein Sprecher der liberalen ToPotami bezeichnete das ESIEA-Urteil als „noch nie dagewesen“. Anstatt die freie Meinungsäußerung zu schützen und zu fördern, werde versucht, die Mitglieder des Verbands zu gängeln und über Disziplinarstrafen Druck gegen Kollegenauszuüben, die eine andere Ansicht vertreten als die Mehrheit des derzeitigen Disziplinarausschusses. Der Nachrichtenchef von Skai, Stamatis Malelis, der für 18 Monate aus der ESIEA ausgeschlossen wurde, sprach in Zusammenhang mit dem Beschluss des Journalistenverbands von einem „antidemokratischen, gefährlichen Vorgehen, das andere Meinungen kriminalisiere. (GZrs)
Foto: © Eurokinissi