Es ist alles wie es war, könnte man bei oberflächlicher Betrachtung der Lage in Griechenland sagen: Das Land steht unmittelbar vor dem Bankrott. Doch hinter den Kulissen sind die kleinen Schritte der Politik zu hören, die – meist recht unauffällig: zwei vor, einer zurück – auf das Parkett gelegt werden.
„Wir sind bereit, einen Kompromiss einzugehen“, sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras am Montag während einer Veranstaltung des Griechischen Industrieverbandes (SEV). Eine Einigung sei in der Zielgeraden, fügte er hinzu. Ähnlich äußerte sich auch Finanzminister Janis Varoufakis. Unterdessen sickerte durch, dass die EU-Kommission am Montag eine „Zwischenlösung“ in Aussicht gestellt habe. Auf diese Weise, so die größte griechische Tageszeitung „Ta Nea“, könne ein drohender „plötzlicher Tod“ Griechenlands („Grexit“) vermieden werden. Bei dieser ins Auge gefassten „technischen Zwischenlösung“ würde Athen vorerst finanzielle Mittel erhalten, um Verbindlichkeiten bedienen zu können. Allein im Juni müssen – an Leistungen für den IWF und Zinszahlungen etwa zwei Mrd. Euro aufgebracht werden.
Im Gegenzug soll Griechenland Einsparungen in Höhe von 5 Mrd. Euro verbindlich festlegen, um das Haushaltsloch für die Jahre 2015 und 2016 zu stopfen. Wie das Internetportal „To Vima“ berichtete, sei eine endgültige Vereinbarung für den Herbst ins Auge gefasst. Die größten Hürden bilden nach wie geforderten Reformen beim Arbeitsrecht und im System der Sozial- und Rentenversicherung, die Athen mit Verweis auf den Wählerauftrag nicht umsetzen möchte. Näher zu kommen scheint man sich möglicherweise bei einer Neuregelung der Mehrwertsteuer, deren oberer Satz derzeit bei 23 % liegt. Finanzminister Varoufakis bestätigte am Montag, dass dieser auf 18 % gesenkt werden soll; für diejenigen, die Rechnungen bargeldlos bezahlen, sollen sogar nur 15 % anfallen. Der mittlere Mehrwertsteuer-Satz würde demnach abgeschafft, der untere von 6,5 % bei bargeldloser Zahlung beibehalten, ansonsten auf 9,5 % angehoben. In Kraft bleiben soll die unpopuläre Immobiliensteuer (ENFIA) – und es dürfte noch weitere steuerliche Maßnahmen geben. Abermals geschröpft würde wohl vor allem die Mittelschicht. (Griechenland Zeitung / jh)
Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt Finanzminister Janis Varoufakis am Montagabend bei der Jahreshauptversammlung des SEV gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin Danai Stratou.