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Leserbrief zum Interview mit Giorgos Chondros (GZ 511)

Giorgos Chondros hätte mit Beantwortung der letzten Interviewfrage nach seinem Plan für die Zukunft Griechenlands die Gelegenheit gehabt zu zeigen, dass er mehr kann, als nur linksideologische Begriffshülsen wie „neoliberale Sparpolitik“ oder „Systemkrise des Kapitalismus“ als Problemursache für die schlechte Situation im Land anzuführen und die Schuld dafür der EU/IWF/EZB oder sonst irgendwem außerhalb Griechenlands anzulasten.

Aber statt eines Planes oder wenigstens einer Idee für die Lösung der konkreten und hausgemachten Probleme Griechenlands verweist er wolkig auf „Alternativen, die linke, progressive Kräfte in Europa“ vorbereiten sollen. Das ist entweder ein dürftiges Ablenkungsmanöver oder ein Zeichen der Hilflosigkeit. Wer Griechenland kennt, der weiß, das Land braucht Reformen in so gut wie allen Bereichen des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens: in Verwaltung und öffentlichem Dienst auf allen Ebenen, im Schul- und Universitätsbereich, im Gesundheitswesen, im Finanz- und Steuerwesen, im Justizbereich, im Rentenbereich, auf dem Arbeitsmarkt und mehr.

Griechenland braucht vor allem Arbeitsplätze, die Leistungen und Produkte erzeugen, die nachgefragt werden in Europa oder weltweit, die also einen Mehrwert darstellen, keinesfalls weitere Verwaltungsjobs. Investoren, die solche Arbeitsplätze schaffen, kommen aber nur, wenn die Rahmenbedingungen geeignet sind. Und das setzt nun eben die oben genannten Reformen voraus.

Dieser Weg ist sehr mühsam und schwierig und wird eine Generation oder länger dauern. Wenn Giorgos Chondros diesen Weg nicht gehen will, sollte er deutlich machen, wie er Griechenland und sein Volk über Wasser halten will. Diffuse Alternativen, die linke, progressive Kräfte in Europa vorbereiten sollen, reichen dafür keinesfalls aus.

Friedrich Bruckmeyer, Strasslach-Dingharting

Kniefall vor rechts-rechter Partei?

Mit den deutschen Zeitungen jubelt die halbe EU, dass Österreich wieder Grenzkontrollen einführen wird. Das hat die österreichische Bundesregierung mit den Landeshauptleuten trotz massiver Einwendungen von Verfassungsjuristen wegen gravierender verfassungsrechtlicher Bedenken beschlossen. Doch auch ausnahmslos alle Menschenrechts-Organisationen sehen in der Festlegung von Höchstgrenzen für die Aufnahme von Asylwerbern arge Menschenrechtsverletzungen. Aber auch andere rechtlich bindende, internationale Vereinbarungen würde man damit mit Füßen treten.

Völlig unverständlich aber ist nicht nur für uns Österreicher/innen, sondern auch für ausländische Beobachter der politischen Szene in Österreich, dass sich die österreichische Bundesregierung in der Person des Herrn Kleinschmidt einen ausgewiesenen Fachmann auf dem Gebiet des Flüchtlingswesens leistet, aber in entscheidenden Fragen nicht auf ihn hört. Kleinschmidt leitete die größten Flüchtlingslager im Nahen Osten. Er stellt der Festlegung von Obergrenzen bzw. Richtwerten für Asylsuchende – nicht einmal über die Benennung der Zahl besteht innerhalb der Bundesregierung Einvernehmen – ein vernichtendes Zeugnis aus. Klar menschenrechtswidrig sei das, was die Regierung da plane. Die Flüchtlinge, denen man damit die Möglichkeit nähme, würden dann eben in die Illegalität abdriften, wo sie sich polizeilicher Kontrolle entzögen. Ähnlich wirkungslos würden sich übrigens auch die „hot spots“ erweisen. Wer nämlich keine Aussicht auf Gewährung eines Asyls hätte, würde sie ganz einfach umgehen.

Ein Kniefall vor dem Parteiführer der rechts-rechten Partei, der Freiheitlichen Partei Österreichs, kann es aber nur sein, dass die österreichische Innministerin den Griechen mit dem Ausschluss aus dem Schengen-Raum droht, wenn sie die Außengrenzen der EU nicht besser schützten. Sie kann diese Aufforderung jedoch nur in einem Anfall von Größenwahn gemacht haben, denn sogar die österreichische Innenministerin müsste wissen, dass sie einen Stein aus dem Fundament der EU reißen würde, sollte sie mit ihrer Forderung Erfolg haben. Statt sich im Nobel-Skiort Österreichs, in Kitzbühel, zusammen mit den Reichen und Schönen im Blitzlichtgewitter zu sonnen, wäre dieser Dame daher dringend zu empfehlen, Lesbos und Samos zu besuchen, um die Leistungen der Griechen für Europa besser einschätzen zu können. Schon deshalb entschuldige ich mich bei den Griechen für die verbale Entgleisung der österreichischen Innenministerin.

Franz Frühwirth, Gastern

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