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Weiteres Sparpaket in Griechenland verabschiedet – Regierung geschwächt Tagesthema

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Weiteres Sparpaket in Griechenland verabschiedet – Regierung geschwächt

Am Donnerstag hat das griechische Parlament ein neues Sparpaket gebilligt. Bei der Abstimmung waren 290 der 300 Parlamentarier anwesend. Mit Ja haben 153 aus den Reihen der Regierungsparteien SYRIZA und ANEL gestimmt. 137 Parlamentarier der Oppositionsparteien votierten dagegen. 

Vorgesehen ist darin u. a., dass künftig auch Erstwohnsitze von Schuldnern versteigert werden können. Auf Wein, der in Griechenland konsumiert wird, wird eine Steuer von 0,20 Euro pro Liter erhoben. Zu einem späteren Zeitpunkt, so heißt es, sollen griechische Weine, die ins Ausland exportiert werden, von dieser Steuer wieder ausgenommen werden. Mehr Steuern müssen von nun an auch Glücksspieler berappen. Diese Quellen wurden als Alternative zu einer ursprünglichen angedachten 23%igen Mehrwertsteuer für den Bereich der privaten Bildung eingeführt. Diese früheren Pläne wurden damit ad acta gelegt.

Durch die Verabschiedung des unpopulären Multigesetzes – das zweite dieser Art, das die Regierung unter dem Linkspolitiker Alexis Tsipras schulterte – wird voraussichtlich die Auszahlung einer Kredittranche in Höhe von 2 Milliarden Euro seitens der Geldgeber ermöglicht. Weitere 10 Milliarden Euro sollen in die Rekapitalisierung der griechischen Banken fließen. Die Eurogruppe wird am kommenden Montag darüber abstimmen.

Aus dem Verfahren ging die Regierung Tsipras trotz ihres Erfolges letztendlich geschwächt hervor.
Vor allem die Klausel der Zwangsversteigerung stieß bei einigen Parlamentariern aus dem eigenen Lager auf Widerstand. Tsipras war im Januar, als er mit seinem Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) erstmals die Regierungsgeschäfte übernehmen konnte, mit dem Motto „Kein Griechisches Haus den Banken“ angetreten. Weil er nicht von dieser Linie abgehen wollte, blieb der SYRIZA-Abgeordnete Stathis Panagoulis am Donnerstag der Abstimmung fern. Er wurde daraufhin prompt aus der Fraktion ausgeschlossen. Dennoch erklärte er, dass er die Arbeit der Regierung weiterhin unterstützen wolle und dass durch seinen Ausschluss der Regierungszusammenhalt nicht gefährdet sei.

Direkt gegen das Maßnahmepaket stimmte Nikos Nikolopoulos vom kleineren Regierungspartner ANEL. Auch er wurde aus der Fraktion verbannt. Seinen Sitz in der Volksvertretung gab er allerdings nicht zurück. Er sieht sich nun als Mitglied der Opposition. Er ist Vorsitzender der Partei „Christdemokratische Union“, die sich vor den Wahlen mit der ANEL zusammengetan hatte. Damit verfügt die Regierung aus den Rechtspopulisten der ANEL und den Linkspolitikern von SYRIZA nur mehr über 153 Sitze. Ein Damoklesschwert für weitere schwierige Abstimmungen, die noch bevorstehen.

Ein Zeichen dafür, wie sehr die anstehenden Spar- und Reformmaßnahmen den Parlamentariern der Regierungsparteien zu schaffen machen, setzte auch Gavriil Sakellaridis (SYRIZA). Noch vor der kritischen Abstimmung gab der ehemals enge Mitarbeiter des Ministerpräsidenten sein Abgeordnetenmandat zurück. Er wurde vom stellvertretenden Minister für Verwaltungsreform Christoforos Vernardakis ersetzt, der entschieden hinter dem eingeschlagenen politischen Kurs steht. Sakellaridis hatte bis zum vergangenen Sommer als Regierungssprecher fungiert. Er galt als enger Vertrauter von Tsipras. Höhere Posten in der Regierung hatte er mehrfach abgelehnt. Seit den Wahlen am 20. September und der damals erfolgten Abspaltung des linken SYRIZA-Flügels hat er sich von der Regierungsarbeit distanziert. Nach der Rückgabe seines Mandats stellte er allerdings fest, dass er weiterhin aktives SYRIZA-Mitglied bleiben werde.

Die nächste große Hürde für die Regierung wird die Debatte über den Haushalt 2016 sein. Der Entwurf wurde heute dem Parlament übergeben und soll Mitte Dezember ratifiziert werden. Eine schwierige Hürde wird auch ein Gesetz, das weitere einschneidende Änderungen im System der Sozial- und Rentenversicherung nach sich ziehen soll. Außerdem sollen die Gehälter für den staatlichen Sektor neu geregelt werden, und – ebenfalls ein schwerer Brocken – die Landwirte sollen höhere Steuern zahlen.

Elisa Hübel

Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt den Regierungschef Alexis Tsipras (SYRIZA) gemeinsam mit dem Vorsitzenden der ANEL Panos Kemmenos (l.) am Donnerstagabend im Parlament. Anlass für den angeregten Meinungsaustausch war die Abstimmung über das neue Sparpaket, das – wenn auch zähneknirschend – verabschiedet wurde.

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